Vor der Bundestagsabstimmung Spitzenvertreter der Wirtschaft kritisieren Steuererhöhung

Hamburg (rpo). Unmittelbar vor der Bundestagbstimmung der große Koalition haben führende Vertreter der deutschen Wirtschaft die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte scharf kritisiert. Handwerkspräsident Otto Kentzler rechnet mit mehr Insolvenzen und wenigeren Jobs.

Mehrwertsteuer: So viel zahlen andere Länder
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Foto: gms

Er warf der Politik vor, die Handwerksbetriebe gleich dreifach zu belasten: "Die Kaufkraft der Kunden sinkt, die Konkurrenz durch Schwarzarbeit steigt und der harte Wettbewerb verhindert, dass die Steuer vollständig weitergereicht werden kann", sagte Kentzler der "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe).

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, kritisierte, die Mehrwertsteuer-Erhöhungen verhindere die Schaffung neuer Ausbildungsplätze. "Denn die abschreckende Wirkung der Erhöhung wird besonders die ausbildungsstarken Branchen wie Handel und Gastronomie treffen", betonte Braun.

Der Vorstandschef der Otto-Gruppe, Michael Otto, sieht vor allem das Konsum klimabedroht: "Die massive Steuererhöhung platzt mitten in die gerade beginnende Erholung des Konsumklimas hinein." Die Leidtragenden seien vor allem Tausende kleine Einzelhändler, sagte Otto der Zeitung.

Michael Hüther vom Institut der Deutschen Wirtschaft bemängelte, dass die höheren Steuereinnahmen nur zum Füllen der Löcher in den öffentlichen Kassen genutzt würden. "Dadurch nimmt der Druck ab, die Staatsausgaben auf den Prüfstand zu stellen und mehr zu sparen," sagte Hüther.

Der Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, forderte: "Statt die Steuern zu erhöhen, hätte der Staat bei den Subventionen und Transfers stärker kürzen sollen. Zumindest sollte er jetzt die Mehreinnahmen für eine stärkere Senkung der Lohnnebenkosten nutzen."

Rüttgers sagte, er wolle nicht, dass der wirtschaftliche Aufschwung durch Steuererhöhungen gebremst werde. "Andere Länder machen uns vor, dass man Haushaltskonsolidierung auch auf der Ausgabenseite betreiben muss", sagte er. Ob Nordrhein-Westfalen einer Erhöhung im Bundesrat zustimmen wird, ließ er offen.

Annen bezeichnete eine weitere Steuerbelastung von Kleinverdienern nach der Mehrwertsteuererhöhung als sozial ungerecht. "Das wäre auch konjunkturell falsch." Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Michael Meister verteidigte die Steuererhöhung: "Wir wollen eine Kehrtwende in der Finanzpolitik", sagte er.

Anwesenheitspflicht für Minister

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat für die Bundestagsdebatte über das Haushaltsbegleitgesetz eine Präsenzpflicht für das Bundeskabinett angeordnet. Das wurde der "Passauer Neuen Presse" (Freitagausgabe) aus Regierungskreisen bestätigt. Die Mitglieder des Bundeskabinetts seien noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass Merkel in dieser wichtigen Sitzung die dauerhafte Anwesenheit der Ministerinnen und Minister fordere. Schließlich sollten an diesem Tag zahlreiche Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger, wie die Mehrwertsteuererhöhung, verabschiedet werden. Die Kanzlerin selbst hat daher ihren Termin bei der Eröffnung des Mercedes-Museums abgesagt.

(afp2)
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