Wer soll neuer EZB-Chef werden? Steinmeier bringt Steinbrück ins Spiel

Hamburg/Berlin (RPO). Der Vorsitzende der SPD im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, schlägt Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) als Kandidaten für den Chefposten der Europäischen Zentralbank (EZB) vor.

Das ist Peer Steinbrück
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Die SPD bringt ihren früheren Finanzminister Peer Steinbrück für den Chefposten bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ins Spiel. Diesen überraschenden Vorschlag machte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Tag nach der Ankündigung von Axel Weber, sich von der Bundesbank-Spitze und aus dem EZB-Rat zurückzuziehen. Weber galt bisher als Kandidat der Bundesregierung im Rennen um die Nachfolge von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet.

Als Grund für seinen Verzicht auf den Chefposten im Frankfurter Eurotower nannte Weber Sorge um seine Glaubwürdigkeit. Er fühlte sich im EZB-Rat isoliert, weil er sich öffentlich gegen den Aufkauf von Staatsanleihen gestellt hatte.

Steinmeier sagte am Samstag "Spiegel Online": "Wer ernsthaft an einer deutschen Kandidatur für den EZB-Präsidenten festhalten will, wird an einer international so ausgewiesenen Figur der Finanzpolitik wie Steinbrück kaum vorbeikommen." Er erwarte, dass die Regierung bei der Suche nach einem Trichet-Nachfolger den Kontakt zur Opposition suche. "Aber ich befürchte, lieber gibt die Bundesregierung die Kandidatur auf, als auf uns zuzukommen", sagte Steinmeier.

Steinbrück genießt hohes Ansehen

Steinbrück steht in der Finanzwelt hoch im Kurs, weil er Deutschland - in der großen Koalition zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - unter anderem mit mehreren Konjunkturpaketen erfolgreich durch die Wirtschaftskrise gebracht hat.

Weber erläuterte im "Spiegel" die Hintergründe für seinen Rückzug von der Bundesbank-Spitze zum 30. April, ein Jahr vor dem Ende seiner achtjährigen Amtszeit. Wenn der EZB-Präsident "zu wichtigen Fragen eine Minderheitsmeinung vertritt, leidet die Glaubwürdigkeit dieses Amts".

Er erinnerte daran, bei einigen wichtigen Entscheidungen in den vergangenen zwölf Monaten klare Positionen bezogen zu haben. "Die Positionen mögen für die Akzeptanz meiner Person bei einigen Regierungen nicht immer förderlich gewesen sein." Seither sei seine Überzeugung gereift, dass er die Trichet-Nachfolge nicht anstrebe.

Weber war mit seiner öffentlichen Kritik am Beschluss des EZB-Rats angeeckt, Staatsanleihen zu kaufen. Der 53-Jährige war Volkswirtschaftsprofessor in Köln und einer der fünf Wirtschaftsweisen. Nach Informationen des "Tagesspiegel" will Weber zum Wintersemester an die Universität Köln zurückkehren.

Gegen EZB-Regeln verstoßen

Andere Mitglieder des EZB-Rats befürworteten die Käufe griechischer, portugiesischer oder irischer Anleihen mehr oder weniger offensiv. Weber dagegen verstieß mit seiner öffentlichen Kritik gegen die Regel, dass sich die Kommunikation von Ratsmitgliedern in der Zeit zwischen Sitzungen mit Zinsbeschluss am Präsidenten zu orientieren habe.

Weber galt lange Zeit als aussichtsreicher Anwärter für die Nachfolge Trichets, dessen Amtszeit im Herbst endet. Merkel steht nun ohne einen profilierten Kandidaten da.

Der scheidende Bundesbankchef sagte dem "Spiegel", bereits im Herbst habe er der Regierung signalisiert, "dass für mich mehrere berufliche Optionen bestehen". Ihm sei wichtig gewesen, "frei zu entscheiden, was ich machen werde". Im Januar habe er darüber mit Merkel gesprochen. Es habe keine Festlegung auf eine Kandidatur gegeben, sondern die Vereinbarung, im März noch einmal ein Gespräch darüber zu führen.

Durch Indiskretion an die Öffentlichkeit gekommen

Über seine Entscheidung habe er - "wie es in einer unabhängigen Institution üblich ist" - als erstes seine Vorstandskollegen in der Bundesbank informiert. Das Gespräch sei am vergangenen Mittwoch durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gekommen.

Zu den Gerüchten, er werde als Nachfolger von Josef Ackermann an die Spitze der Deutschen Bank wechseln, sagte Weber: "Solange ich im Amt bin, führe ich keine Gespräche über meine berufliche Zukunft. Mit niemandem."

Eine starre Übergangsfrist bei einem Wechsel zu einer privaten Bank, wie von zahlreichen Politikern gefordert, lehnt der Bundesverband deutscher Banken ab. Verbandspräsident Andreas Schmitz sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", es sei wichtig und richtig, dass zwischen Wirtschaft, Administration und Wissenschaft gewechselt werde.

Webers Nachfolger soll nächste Woche bekanntgegeben werden. Als ein Kandidat gilt Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann.

(apd/felt)
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