Umgang mit Steuersündern Strafe muss sein

Berlin (RPO). Die brisante CD mit Daten von 1500 mutmaßlichen Steursündern soll sich auf dem Weg nach Deutschland befinden. Die Zahl der Selbstanzeigen steigt rasant. Steuersünder können auf diesem Wege straffrei davonkommen. Doch wachsen zusehends die Zweifel an dieser Rechtspraxis. Auch in der CDU ist der Ruf nach Strafe nicht mehr zu überhören.

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrer Online-Ausgabe berichtet, soll der Kauf der CD, über die Deutschland und die Schweiz seit Wochen streiten noch in dieser Woche abgeschlossen werden. Die Verhandlungen der deutschen Finanzverwaltung mit dem unbekannten Informanten, der für die Daten 2,5 Millionen Euro kassieren will, stünden unmittelbar vor dem Abschluss.

Die Berichterstattung über die brisante Steuer-CD hatte eine Welle von Selbstanzeigen ausgelöst. Bislang können Steuerhinterzieher auf diesem Wege straffrei aus der Sache herauskommen. Sie müssen lediglich die hinterzogenen Steuern nachzahlen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält die geltende Regelung für sinnvoll, zeigte sich ober offen für Neuerungen. Doch in seiner Partei mehren sich die Stimmen der Kritiker.

Staat nicht käuflich

"Steuerhinterzieher dürfen künftig nicht mehr generell straffrei davonkommen", schimpft etwa Saarlands Ministerpräsident Peter Müller. Steuerhinterziehung sei soziales Schmarotzertum. Steuerhinterziehung müsse konsequent verfolgt werden, forderte Müller gegenüber der Frankfurter Rundschau. Der Staat dürfe sich seinen Anspruch, Unrecht zu bestrafen, nicht abkaufen lassen. "Wer Unrecht begeht, muss dafür gerade stehen, egal, ob es Körperverletzung oder ein Steuerdelikt ist, und egal, ob es sich um einen armen Schlucker oder einen Millionär handelt."

Müller mahnte, der Staat dürfe sich seinen Anspruch, Unrecht zu bestrafen, nicht abkaufen lassen. "Wer Unrecht begeht, muss dafür geradestehen, egal, ob es Körperverletzung oder ein Steuerdelikt ist, und egal, ob es sich um einen armen Schlucker oder einen Millionär handelt", sagte er.

Müller hat Mitstreiter

Müller ist mit seinen Ansichten in der Union nicht allein. Auch der baden-württembergische Finanzminister Willi Stächele (CDU) sprach sich für eine gründliche Prüfung der strafbefreienden Selbstanzeige aus. Die Strafbefreiung aufgrund einer Selbstanzeige dürfe kein Freifahrschein sein, sagte Stächele der "Berliner Zeitung". Steuerhinterziehung sei Betrug an der Allgemeinheit. Auch die Begrenztheit der öffentlichen Mittel und die drohenden schmerzlichen Spareingriffe rückten das Thema Steuergerechtigkeit weiter in den Mittelpunkt, sagte Stächele.

Am Montag hatte bereits Müllers Finanzminister Peter Jacoby einen Vorstoß in der Sache unternommen und eine Gerechtigkeitslücke beklagt. Der CDU-Politiker kündigte in der "Saarbrücker Zeitung" an, sich in der Finanzministerkonferenz dafür einzusetzen, diese Ausnahmeregelung "ab einer gewissen Bagatellgrenze aus dem Gesetz zu tilgen". Die derzeitige Welle der Selbstanzeigen beruhe wohl nicht auf Reue, sondern auf Angst vor Strafverfolgung, sagte Jacoby. "Das pervertiert das System." Auch bei Sozialbetrug gebe es keine völlige Straffreiheit bei Selbstanzeige. "Hier tut sich eine krasse Gerechtigkeitslücke auf", kritisierte der Politiker.

Tendez steigend

Die CDU-Politiker befinden sich hier in einer selten gewordenen Allianz mit dem ehemaligen Koalitionspartner SPD. Deren Chef Sigmar Gabriel bekräftigte am Dienstag die Forderung, die Strafbefreiung von Steuerstraftätern bei Selbstanzeigen abzuschaffen. Steuerhinterziehung ab einer Summe von 500.000 Euro solle zudem als Verbrechen eingestuft werden, sagte Gabriel der "Passauer Neuen Presse". Nach gegenwärtigem Recht können Steuerstraftäter durch eine Selbstanzeige der Strafverfolgung entgehen, sofern sie sich anzeigen, solange ihnen die Steuerfahndung noch nicht auf der Spur ist.

Hessens Finanzminister Karl-Heinz Weimar (CDU) sagte dem Radiosender hr info, bis zum Montagabend hätten sich in seinem Bundesland 512 Bürger selbst angezeigt, die in der Schweiz angelegtes Kapital nicht ordnungsgemäß versteuert hätten. Die Tendenz sei weiter steigend. Nach einer ersten groben Schätzung gehe es um angelegtes Kapital in einer Größenordnung von mindestens 129 Millionen Euro, dessen Erträge nicht versteuert worden seien.

Weimar erklärte die hohe Zahl der Selbstanzeigen mit dem Druck durch Berichte über Steuerdaten-CDs, die deutschen Behörden angeboten worden waren. Viele Steuerhinterzieher wollten jetzt "tabula rasa" machen. "Es spricht sich herum, dass es das eine ist, dem Fiskus Steuern zu entziehen, und das andere, nicht mehr gut schlafen zu können", sagte er. Steuersünder hätten bei Selbstanzeige nur die hinterzogenen Steuern plus Zinsen zu zahlen.

(RTRA/AFP/ddp)
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