Kampf gegen Prostitution Strafen für Freier

Schon mit dem Beginn des kommenden Jahres wollen Politiker von SPD und Union das Prostitutionsgesetz verschärfen. Die alte Fassung erwies sich als Steilvorlage für die Sex-Industrie. Deutschland gilt mittlerweile als Paradies für Freier. Doch die sollen in Zukunft nicht mehr ohne Weiteres davonkommen.

Prostitution und Bordelle 2018 in NRW
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Foto: dpa/Andreas Arnold

Ihnen droht künftig eine Strafe, wenn sie bewusst die Dienste von Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen. Das Vorhaben gehört zu einer umfassenden Reform des zwölf Jahre alten Prostitutionsgesetzes, das noch aus der rot-grünen Ära stammt. Damals wollte die Regierung Schröder Prostitution entkriminalisieren, Sex gegen Geld sollte wie eine normale Dienstleistung behandelt werden, die Frauen arbeitsrechtlich abgesichert.

Die Realität spricht eine gänzlich andere Sprache. Gerade mal 40 Frauen haben sich registrieren lassen. Daneben blüht das Geschäft im Graubereich. Profiteur der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind Bordellbetreiber und Zuhälter.

"Eine Schande für den Rechtsstaat"

Offizielle Zahlen liegen zwar kaum vor, doch die selbstbewusst und aus freier Entscheidung handelnde Sex-Arbeiterin wie etwa die 29-jährige Lena Morgenroth, die unlängst im Fernsehen mit ihren Bekenntnisse für Furore sorgte, bleiben nach Ansicht von Sozialarbeitern und Fahndern die große Ausnahme.

In den Etablissements sind vermehrt Frauen aus Osteuropa anzutreffen, augebeutet von Zuhältern und Menschenhändlern. Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl spricht von rechtsfreien Räumen, die das Prostitutionsgesetz geschaffen habe. "Eine Schande für den Rechtsstaat", sagt er.

Vorbild Schweden

Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer geht davon aus, dass 90 Prozent der bis zu 400.000 Frauen im Milieu unter Zwang arbeiten, genötigt durch brutale Zuhälter oder die nackte Armut. In einem Aufsehen erregenden Appell hat sie daher die gesamtgesellschaftliche Ächtung der Prostitution gefordert. Pate für dieses Modell steht Schweden. Freier werden dort generell mit Strafen bedacht.

Ganz so weit wollen die Politiker der Koalition nicht gehen. Eine generelle Bestrafung von Freiern werde abgelehnt, betonte Uhl. Ermöglicht werden solle aber eine Strafe in Fällen von "erkennbarer Zwangsprostitution", etwa wenn die Prostituierte mit Gewalt vorgeführt werde.

"Zwangsprostitution erkennbar"

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen, vorgehen." Dies entspricht weitgehend einer Formulierung, die die Koalitions-Arbeitsgruppe Familie bereits vor mehr als drei Wochen ausgehandelt hatte.

Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz, die für die CDU in dieser Arbeitsgruppe saß, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Wer Zwangsprostituierte wissentlich und brutal ausbeutet, soll auch damit rechnen müssen, dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht."

"Die Bestrafung der Freier muss mit einbezogen werden. Mädchen und junge Frauen, die gezwungen werden, sich zu prostituieren, sind für ihre Freier erkennbar", mahnt schon seit Monaten Erika Steinbach für die Union.

Mehr Kontrollen, mehr Rechte

Im Koalitionsvertrag wird nun das Ziel formuliert, den Bereich der Prostitution umfassend und neu zu fassen. Eine Schlüsselrolle spielen sollen dabei dem Vernehmen nach neue Befugnisse der Behörden. Diesen sollen zukünftig wieder mehr Kontrollrechte eingeräumt werden. Frauen, die als Opfer von Zwangsprostitution gelten und illegal in Deutschland arbeiteten, sollen bessere Chancen bekommen, in Deutschland bleiben zu dürfen. Bislang wurden illegale Sexarbeiterinnen aus dem Ausland abgeschoben.

In Strafverfahren bekommt die Justiz zudem erweiterte Handlungsspielräume im Kampf gegen den organisierten Menschenhandel. Künftig soll eine Verurteilung von Tätern auch ohne eine Aussage des Opfers möglich sein.

Auch Frankreich diskutiert

Auch Frankreich diskutiert dieser Tage heiß eine Verschärfung des Prostitutionsgesetz. Dort befindet sich das Gesetz schon im parlamentarischen Prozess, die Nationalversammlung hat dem Passus bereits zugestimmt. Freier sollen demnach 1500 Euro Strafe zahlen, wenn sie zu Prostituierten gehen - Wiederholungstätern 3750 Euro. Über das gesamte Gesetz soll die Nationalversammlung am Mittwoch (4. Dezember) abstimmen, anschließend wird sich der Senat damit befassen.

Das Gesetz markiert eine Kehrtwende in der französischen Gesetzgebung gegen käuflichen Sex. Bisher drohen nämlich Frauen Strafen von bis zu zwei Monaten Haft oder 3750 Euro, wenn sie potenzielle Freier aktiv anwerben. Diese Bestimmung soll nun wegfallen.

Illegalität zwingt die Branche in den Untergrund

Wegen des Gesetzes hatte es in Frankreich heftige Debatten gegeben. Es fand Befürworter und Gegner quer durch die Parteienlandschaft. Auch Prominente engagierten sich auf beiden Seiten.

Die Organisationen der Prostituierten hatten in den vergangenen Tagen gegen das Gesetz protestiert. Sie befürchten, dass damit das Gewerbe in den Untergrund abgedrängt würde, was die Arbeit für die betroffenen Frauen gefährlicher machte. Gleichlautende Kritik wurde auch gegen die scharfe Gesetzeslage in Schweden laut.

(pst)
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