Irak Talabani rechnet nicht mit Ermordung Osthoffs

Berlin (rpo). Von der entführten Deutschen Susanne Osthoff gibt es immer noch kein Lebenszeichen. Der irakische Präsident Dschalal Talabani glaubt aber nicht, dass sich Osthoff in Lebensgefahr befindet: "Deutschland hat und hatte keine Verbände im Irak. Es gibt kein Motiv für Terroristen, eine deutsche Staatsbürgerin umzubringen."

Das Interview gab er am Sonntag für die ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Der Präsident sagte weiter: "Wir haben alles versucht, um ihren Aufenthaltsort zu ermitteln und herauszufinden, welche Gruppe hinter der Entführung steht. Wir nutzen auch unsere Beziehungen zu unseren arabischen Brüdern, um ihre Freilassung zu erwirken."

Talabani ermutigte die deutschen Behörden, auch Kontakt mit den Nachbarländern des Irak aufzunehmen: "Es ist generell gut, wenn offizielle deutsche Stellen sich in Verbindung setzen mit der arabischen Führung, gerade in Syrien, in Saudi-Arabien, aber auch in Jordanien." Denn das könne vielleicht beitragen zur Freilassung der deutschen Geisel.

Die Bundesregierung versicherte, dass sie sich weiter intensiv um die Freilassung der 43-Jährigen bemühe. Unter Leitung von Minister Frank-Walter Steinmeier kam am Sonntag im Auswärtigen Amt erneut der Krisenstab zusammen. Über Details wurde nichts bekannt.

Auch aus der arabischen Welt wurden verstärkt Forderungen nach Freilassung der vor rund zwei Wochen verschleppten Deutschen laut. So verurteilten die arabischen Botschafter in Berlin "aufs Schärfste" die Entführung von Osthoff sowie ihres Fahrers und forderten, beide sofort freizulassen. "Die Botschafter der arabischen Länder in Deutschland nehmen ausdrücklich Abstand von derartigen Menschen entwürdigenden Handlungen", heißt es in ihrer Erklärung.

Mit ihrer Arbeit habe Osthoff den Menschen im Irak gedient. "Sie war in keinster Weise politisch geprägt." 1991 habe Osthoff während des Golfkrieges den Menschen im Irak geholfen, indem sie medizinische Einrichtungen mit Medikamenten versorgt und unermüdlich in Krankenhäusern vor Ort gearbeitet habe. "Nur Aktionen wie die von Frau Osthoff durchgeführten ermöglichen es dem irakischen Volk, einen weniger leidvollen Alltag zu erleben", erklären die Botschafter.

Demonstration mit Lichtermeer

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble würdigte das Angebot des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Nadeem Elias, sich im Austausch für Osthoff in die Hand ihrer irakischen Entführer zu begeben. Er finde diesen spektakulären Schritt "hoch anerkennenswert", sagte Schäuble dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Dadurch hätten viele Deutsche möglicherweise zum ersten Mal gemerkt, "dass die islamischen Mitbürger vielleicht noch mehr unter dieser Entführung leiden als sie selbst", sagte der CDU-Politiker. Schäuble appellierte zugleich an alle muslimischen Mitbürger, noch stärker als bisher die Sicherheitsbehörden mit Hinweisen dabei zu unterstützen, Anschläge zu verhindern.

Rund 400 Bürger aus Osthoffs Heimat-Landkreis Ebersberg demonstrierten am Sonntagabend mit einem Lichtermeer für ihre Freilassung. Die bayerische Sozialministerin Christa Stewens sagte bei der Kundgebung, Osthoff habe in vollem Bewusstsein der Gefahr ihr Leben riskiert, um Bedürftigen, Kranken und Kindern zu helfen. In Frankreich und Italien hätten Demonstrationen der Bürger für verschleppte Landsleute einen hohen moralischen Druck auf die Entführer erzeugt und zu einem Erfolg mit beigetragen.

Die aus Bayern stammende Archäologin war am 25. November im Nordirak verschleppt worden.

(afp)
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