Zwischen Beschwichtigung und Panikmache Terrorwarnung - der schmale Grat

Berlin (RPO). "Unverantwortlich" nennt Innenminister Thomas de Maizière die Spekulationen um Anschlagspläne, und Kanzlerin Angela Merkel mahnt zur Ruhe. Derweil wurde die Reichstagskuppel für Besucher gesperrt. Die Berichte der vergangenen Tage zeigen vor allem eins: Es ist ein schmaler Grat für die Politik zwischen der Warnung vor Anschlägen und Panikmache.

Terrorwarnung - Was man jetzt beachten sollte
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Terrorwarnung - Was man jetzt beachten sollte

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Foto: AFP

Wie groß ist die Gefahr von Terroranschlägen in der Bundesrepublik? Wie soll man sich verhalten? Seit Tagen beschäftigen sich die Deutschen mit diesen Fragen. Während die einen alles als Unfug abtun, melden die anderen herrenlose Gepäckstücke an Bahnhöfen und in Einkaufszentren. Die Verunsicherung jedenfalls ist da. Und so bemühen sich die Kanzlerin und der Innenminister, zu beschwichtigen.

De Maizière etwa rechtfertigte die Warnungen am Abend in der ARD-Sendung "Anne Will": "Wir haben uns so zu verhalten, wie wir es für richtig halten." Und er erklärte, er könne derzeit keinen konkreten Zeitpunkt für eine Entwarnung nennen.

Kritik an Spekulationen

"Ich habe sehr lange überlegt, ob man jetzt eine externe Präsenz an Bahnhöfen und Flughäfen zeigt, denn irgendwann muss die Entscheidung kommen, sie sind nicht mehr da", so der Minister. Diese Entscheidung werde es erst geben, "wenn es nicht mehr erforderlich ist". De Maizière betonte, es gebe "keine Antwort, wie wir uns verhalten müssen, damit es keinen Terror gibt".

"Muslime nicht unter Generalverdacht stellen"

Gleichzeitig warnte der Innenminister am Montag davor, die in Deutschland lebenden Muslime unter einen "Generalverdacht" zu stellen. Zu einer solchen Vorverurteilung dürfe die derzeitige Debatte nicht missbraucht werden, sagte de Maizière am Montag auf dem Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin.

Zugleich zeigte sich de Maizière verärgert über Spekulationen in den Medien über mögliche Anschlagsziele und rief zur Zurückhaltung auf. Solche Spekulationen seien "unverantwortlich", sagte er in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Eine Story darf nicht so wichtig sein wie die Sicherheit der Bevölkerung und das Spielen mit Ängsten." Er werde Spekulationen über Anschlagsziele nicht kommentieren.

Auch die Kanzlerin versucht zu beruhigen. Sie warnte davor, in Panik zu verfallen. Die Sicherheitsbehörden arbeiteten aufmerksam und der Lage angemessen. Aber Merkel erklärte am Rande des Nato-Gipfels auch: "Wir haben eine reale Gefährdung durch den Terrorismus."

Der "Spiegel" hatte berichtet, der Reichstag in Berlin könnte Ziel von Terroristen sein. Am Montag wurden die Kuppel und die Dachterrasse des Reichstags für Besucher gesperrt. Der Zugang für angemeldete Gäste des Dachrestaurants sei gewährleistet, ist auf der Internetseite des Bundestags zu lesen. Angemeldete Besuchergruppen sollen das Gebäude weiterhin besichtigen können. Ein Sprecher des Bundestages wollte keine Gründe für die Maßnahme nennen. Die Bundespolizei verstärkte am Montag außerdem die Sicherung. Rund 60 Einsatzkäfte der Bundespolizei sind vor Ort. Bereits seit Donnerstag ist das Gebäude aufgrund der Terror-Warnungen umzäunt.

Das Problem Vorratsdatenspeicherung

Für die Politik ist es schwierig, sich in dieser Situation angemessen zu verhalten. Denn zu oft gab es schon Terrorwarnungen, sodass manch einer die aktuelle nicht mehr ernst nimmt. Gleichzeitig soll aber niemand in Panik verfallen, sondern sein Leben so weiterleben wie gewohnt.

Geholfen wäre der Situation auch schon damit, wenn sich manch einer aus der Politik mit diversen Forderungen zurücknimmt. Denn gerade die neue Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung ist der Sache alles andere als dienlich. Sie führt dazu, dass viele Bürger etwa im Internet die Warnungen als Mittel zum Zweck ansehen - nämlich die Datenspeicherung wieder einzuführen.

Gleichzeitig sollten aber offensichtliche Probleme wie der Personalmangel bei der Polizei ernst genommen werden - und das nicht erst dann, wenn die Bedrohung greifbar ist. Denn nur so kann den Menschen in diesem Land vielleicht ein wenig das Gefühl der Sicherheit zurückgegeben werden - wenn auch nie hundertprozentig.

(das/fb)
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