Artgerechtere Masthaltung Tierschutzabgabe verteuert Fleisch

Berlin · Ab 2015 dürften die Preise für Schweinefleisch anziehen, weil die Masthaltung artgerechter werden soll.

  Tierwohl in der Landwirtschaft - das betrifft in Deutschland zum Beispiel 28 Millionen Schweine.

Tierwohl in der Landwirtschaft - das betrifft in Deutschland zum Beispiel 28 Millionen Schweine.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Verbraucher müssen sich voraussichtlich ab dem kommenden Jahr auf steigende Preise für Schweinefleischprodukte einstellen. Grund für die geplante Preisanhebung um etwa vier Cent pro Kilogramm Schweinefleisch ist eine Initiative der Land- und Fleischwirtschaft sowie des gesamten Lebensmitteleinzelhandels, in deutschen Schweineställen für mehr Tierschutz zu sorgen. Um das Vorhaben zu finanzieren, wollen die Unternehmen einen Fonds einrichten und die Kosten schließlich an die Verbraucher weitergeben.

Nach Informationen unserer Redaktion liegt das Konzept der Branche jetzt beim Bundeskartellamt zur Prüfung. Kommt von der Behörde zeitnah grünes Licht, könnte das Projekt schon Anfang 2015 starten.

Die beteiligten Unternehmen und Verbände ringen indes seit Sommer 2012 um die sogenannte "Initiative Tierwohl". Immer wieder gab es Streit in Detailfragen, über die Finanzierung und Umsetzung. Jetzt ist der Durchbruch offenbar gelungen. Die Verhandlungen sind nach Aussagen von mit dem Verfahren betrauten Personen abgeschlossen. Bis das Kartellamt reagiert, gibt es demnach keine Änderungen mehr.

"Inhaltlich sieht die Initiative vor, dass Schweinemastbetriebe sich freiwillig dazu verpflichten können, bestimmte Kriterien für eine artgerechtere Tierhaltung in ihren Ställen umzusetzen", sagte ein Sprecher des Deutschen Bauernverbandes. Alle Maßnahmen werden aus dem Fonds finanziert. Unterteilt sind die Kriterien in Grundanforderungen wie die Überprüfung des Tränkewassers, der Stallluft und des Tageslichtanteils - dieser muss zum Beispiel bei mindestens 1,5 Prozent liegen. Auch eine Überwachung des Antibiotika-Einsatzes gehört dazu. Erfüllt ein Betrieb diese grundsätzlichen Kriterien, sind ihm 500 Euro pro Jahr sicher.

Darüber hinaus kann das Wohl der Masttiere durch ein erweitertes Platzangebot, durch Stroh und Heu im Stall oder durch einen Zugang ins Freie verbessert werden. Hat ein Betrieb diese Maßnahmen teilweise oder vollständig umgesetzt, wird das zertifiziert und überprüft, und die teilnehmenden Landwirte erwerben Anspruch auf eine Sonderzahlung aus einem Fonds des Lebensmittelhandels. Nach Angaben des Unternehmens Qualität und Sicherheit, das die Initiative koordinierend begleitet, könnte ein durchschnittlicher Schweinemastbetrieb mit rund 2000 verkauften Tieren pro Jahr eine geschätzte Sonderzahlung von jährlich etwa 8500 Euro einstreichen.

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Fast alle großen Lebensmittelhandelsunternehmen - mit der Ausnahme der Metro Group, zu der auch Real- und Kaufhof-Märkte gehören - gehen zur Finanzierung mit rund 65 Millionen Euro jährlich für zunächst drei Jahre in Vorleistung und zahlen in den Topf ein. Aus dem Fonds, der ein geplantes Volumen von 195 Millionen Euro haben wird, werden die Tierschutzprämien an die Landwirte ausgeschüttet.

Rechnerisch wären diese Zahlungen durch eine Anhebung der Verbraucherpreise für frisches Schweinefleisch und Wurstwaren von vier Cent pro Kilogramm gedeckt. Ob und an welchen Stellen die Lebensmittelhändler die Verbraucherpreise aber tatsächlich anheben, steht ihnen offen - allein schon, weil andere Absprachen offenkundig nicht mit Kartellrecht vereinbar wären.

Im Supermarkt sollen Konsumenten mit keinem neuen Siegel auf Tierwohl-Maßnahmen hingewiesen werden. Der Grund: Die Teilnahme an der Initiative ist für Landwirte freiwillig, die Überprüfbarkeit für Kunden an der Wurst-Theke, welches Fleisch von welchem Betrieb stammt, ist mit dem geplanten Verfahren nicht möglich. Konsumenten bleibt lediglich die Gewissheit, dass sie mit dem Einkauf bei einer teilnehmenden Supermarktkette die Initiative unterstützen.

(RP)
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