Neubau-Moratorium Albig will Bürger über große Verkehrsprojekte abstimmen lassen

Kiel · Neuer Vorstoß aus Kiel: Ministerpräsident Albig will das Volk über große Verkehrsprojekte abstimmen lassen. Der SPD-Politiker verlangt auch mehr Ehrlichkeit bei Folgekosten von Großvorhaben. Neubauten möchte er auf ein Minimum begrenzt sehen.

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Über bundesweit bedeutende Verkehrsvorhaben sollten nach Ansicht des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig die Bürger mittelfristig in Volksbefragungen abstimmen.
Zudem müsse Reparatur vor Neubau gehen, sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. "Eine Art Neubau-Moratorium wäre sinnvoll, denn wir haben in Deutschland eine Reparaturlast bis zum Jahr 2030 von jährlich sieben Milliarden Euro." Es spreche folglich sehr viel dafür, so lange nur noch das unbedingt Notwendige neu zu bauen.

Ebenso notwendig sei es, neue Finanzierungsinstrumente unter Einbeziehung von Privatkapital zu entwickeln und die Menschen früher einzubinden, sagte Albig vor der Ministerpräsidentenkonferenz und einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Donnerstag.

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Dazu gehöre es, die tatsächlichen Kosten und die Folgen für andere Wünsche klar zu benennen. "Wir müssen deutlich sagen, was Infrastruktur wirklich kostet - nicht nur, um etwas zu bauen, sondern auch, um es 30 Jahre lang oder länger zu erhalten."

Wenn für 1,5 Milliarden Euro 100 Kilometer Autobahn gebaut werden, müsse man wissen, dass diese und die nächste Generation noch einmal 1,5 Milliarden für die Instandhaltung bezahlen werden, sagte Albig.
Diese drei Milliarden Euro seien damit geblockt in den nächsten 40 Jahren und stünden für anderes nicht zur Verfügung, es sei denn, die Bürger bringen selbst einen Teil davon zusätzlich auf. "An besonders aufwendigen neuen Bauwerken werden - wie beispielsweise in Dänemark schon üblich - künftig Häuschen stehen, an denen wir einen Obolus zu entrichten haben", sagte Albig voraus.

Albig hatte zu Ostern angesichts vieler maroder Straßen und Brücken vorgeschlagen, zur Sanierung die Autofahrer jährlich mit 100 Euro zur Kasse zu bitten. Dafür erntete er heftige Kritik auch aus den eigenen Reihen.

"Was wir in jedem Fall für die Verkehrsinfrastruktur brauchen, ist eine neue Finanzierungslogik", sagte Albig. Erforderlich seien eine erhebliche Kraftanstrengung der gesamten Gesellschaft und zusätzliche Mittel. "Diese können nur aus zwei Richtungen kommen: Aus Steuern oder aus einer Abgabe, die an die Mineralölsteuer oder unmittelbar an das Auto gebunden wird."

Über national bedeutsame Vorhaben sollten aus Albigs Sicht nicht nur die in der Nähe wohnenden Menschen entscheiden. "Bundesprojekte müssen bundesweit abgestimmt werden." Der geplante Fehmarnbelt-Tunnel hätte - wenn er nicht längst per Staatsvertrag beschlossen und quasi im Bau wäre - ebenso in diese Kategorie gehört wie große Autobahnen.

Die Menschen könnten nur gewonnen werden, wenn sie sehen, dass sie auch gefragt werden. Schließlich betreffe es auch ihr Geld, weil die öffentlichen Haushalte es aus dem Bestand nicht mehr hergeben.

(dpa)
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