Türkei-Deal droht zu scheitern "Dann wird es keine Visafreiheit geben"

Berlin · Noch ist der Flüchtlingsdeal zwischen EU und Türkei nicht in trockenen Tüchern. Erdogan will nicht wie von den Europäern verlangt die Anti-Terrorgesetze ändern. In Berlin wachsen die Zweifel.

 Mit Erdogan baut Kanzlerin Merkel auf einen unberechenbaren Partner.

Mit Erdogan baut Kanzlerin Merkel auf einen unberechenbaren Partner.

Foto: ap

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung skeptisch geäußert, dass die Türkei alle Kriterien für die geplante Visafreiheit erfüllen wird. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sei offenbar "nicht bereit, die Kriterien zu erfüllen", sagte de Maizière nach Angaben der Zeitung (Mittwoch-Ausgabe) unter Berufung auf Teilnehmer der Sitzung der Unionsfraktion am Dienstag in Berlin. "Wenn nicht, dann wird es keine Visafreiheit geben", wird der Minister von der Zeitung zitiert.

Auch Kanzlerin Angela Merkel pocht auf die Umsetzung der Bedingungen für die Visafreiheit durch die Türkei. Erdogan weigert sich derzeit die umstrittenen Anti-Terrorgesetze seines Land zu ändern. Die Änderung dieser gehört jedoch zu den 72 Bedingungen für die Visafreiheit.

Auch das Europaparlament sieht darin ein großes Problem. Der zuständige Parlamentsausschuss für bürgerliche Freiheiten und Justiz verweigerte am Dienstag in Straßburg die von der EU-Kommission erbetene rasche Beratung über das Thema. Man werde sich damit erst dann befassen, wenn die Türkei alle 72 Vorbedingungen für eine visumfreie Einreise erfüllt habe. "Und dazu gehören auch die Anti-Terrorgesetze", sagte der Vorsitzende der Liberalen-Fraktion, Guy Verhofstadt.

Erdogan hatte erst am Montag erneut die EU-Forderungen nach einer Änderung der Anti-Terrorgesetze zurückgewiesen. Die visumfreie Einreise für Türken in die EU ist eine wichtige Voraussetzung für den Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei. Diese Vereinbarung sieht unter anderem die Rücknahme von illegal nach Griechenland eingereisten Flüchtlingen vor. Sie war vom scheidenden Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu mit der EU ausgehandelt worden.

"Es wird keine Beratungen über die Visaliberalisierung geben, bevor nicht die 72 Punkte erledigt sind", betonte auch der Vorsitzende der Fraktion der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. "Damit fordern wir nicht mehr als im Flüchtlingspakt vereinbart wurde. Die Erwartungshaltung ist jetzt, dass auch Erdogan klarstellen muss, dass er vollumfänglich zu dieser Vereinbarung steht." Schließlich habe sich die Türkei verpflichtet, die 72 Kriterien umzusetzen.

"Wir werden dafür sorgen, dass es keine bedingungslose Visaliberalisierung gibt, sondern dass die Bedingungen, die vereinbart wurden, auch wirklich erfüllt werden", sagte die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Rebecca Harms. Es gebe eine Reihe von Konditionen, die nicht erfüllt seien. Der belgische Grüne Philippe Lamberts, ebenfalls Co-Vorsitzender der Fraktion, sagte auf die Frage, ob die Visaliberalisierung für die Türkei noch am Leben sei: "Da habe ich meine Zweifel."

(pst/dpa)
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