Deutsch-türkische Beziehungen Erdogan richtet Warnung an Gabriel

Istanbul · Der türkische Präsident Erdogan hat Bundesaußenminister Gabriel persönlich attackiert. "Wer sind Sie, dass Sie so mit dem Präsidenten der Türkei reden?", sagte Erdogan. "Beachten Sie Ihre Grenzen!

 Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archiv).

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Archiv).

Foto: afp, ADEM

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan attackierte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einer Ansprache, die am Samstag im Fernsehen übertragen wurde. "Wie lange sind Sie eigentlich in der Politik? Wie alt sind Sie?", fragte Erdogan. Gabriel versuche, "uns eine Lektion zu erteilen".

Erdogan reagierte mit seiner Attacke darauf, dass sich der Bundesaußenminister und andere Mitglieder der Bundesregierung eine Einmischung der Türkei in den Bundestagswahlkampf verbeten hatten.

"Wir werden uns von niemandem, auch nicht von Präsident Erdogan, da hineinreden lassen, dass unsere deutschen Staatsbürger, egal welcher Abstammung sie sind, (...) ein freies Wahlrecht haben", hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Und wir verbitten uns jede Art von Einmischung in die Meinungsbildung." Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach von einem "einmaligen Eingriff in die Souveränität unseres Landes".

Erdogan beschimpft SPD, CDU und Grüne als "Türkeifeinde"

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte in Düsseldorf: "Was nimmt dieser Mann sich eigentlich raus? Es ist nicht die Aufgabe eines türkischen Staatspräsidenten, Anweisungen für die Bundestagswahl zu geben." An die Adresse der türkischstämmigen wahlberechtigten Bundesbürger sagte er: "Ihr gehört zu uns. Wir lassen nicht zu, dass in unserem Land zwei Bevölkerungsgruppen gespalten werden."

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte die wahlberechtigten Deutsch-Türken am Freitag aufgerufen, bei der Bundestagswahl am 24. September nicht für SPD, CDU oder Grüne zu stimmen, weil sie mit der "Schädigung der Türkei" Wahlkampf machten. "Das sind alles Türkeifeinde." Am Samstag bekräftige Erdogan seinen Aufruf. Die wahlberechtigten Deutsch-Türken sollten CDU, SPD und Grünen eine Lektion erteilt werden. Gabriel sei "eine Katastrophe", sagte Erdogan.

Österreichs Außenminister kritisiert Erdogan für Einmischung

Derweil hat der österreichische Außenminister Sebastian Kurz die Einmischung Erdogans in den deutschen Wahlkampf und in die inneren Angelegenheiten von EU-Ländern scharf kritisiert. "Die ständige Einmischung Erdogans in innere Angelegenheiten anderer Staaten — so etwas findet ja nicht nur in Deutschland statt — lehne ich ganz klar ab", sagte Österreichs Chefdiplomat der "Welt am Sonntag".

Erdogan versuche, die "türkeistämmigen Communities" zu instrumentalisieren, insbesondere in Deutschland und Österreich. Er polarisiere und trage Konflikte aus der Türkei in die EU hinein.
Sollten Erdogan oder seine Minister bei den anstehenden Nationalratswahlen in Österreich im Oktober Ähnliches planen, "so möchte ich schon jetzt festhalten, dass wir diese Einmischung keinesfalls akzeptieren würden", sagte der Politiker der konservativen ÖVP.

Gabriel will harten Türkei-Kurs langfristig fortsetzen

Außenminister Sigmar Gabriel geht unterdessen davon aus, dass die härtere Gangart gegenüber der Türkei langfristig fortgesetzt werden muss. In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dpa räumte er ein, dass sein vor einem Monat verkündeter neuer Türkei-Kurs die Lage für die deutschen Häftlinge in der Türkei noch nicht verbessert habe.

"Das war aber auch nicht zu erwarten", sagte er. "Ich glaube, dass wir auf eine längere Strecke diese neue Politik fortführen müssen und nicht glauben dürfen, in ein paar Wochen ist das erledigt."

(wer/AFP/dpa)
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