Ukraine-Krise Russland "angewidert" von Sanktionen der EU und USA

Brüssel · In der Ukraine-Krise haben die USA und die EU die Sanktionen gegen Russland verschärft. Die EU-Außenminister setzten am Montag 15 weitere Russen und Ukrainer auf ihre Sanktionsliste, die US-Regierung erweiterte ihre Sanktionsliste um sieben Russen und 17 Firmen aus dem Umfeld von Präsident Wladimir Putin.

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Ukraine: Separatisten stürmen TV-Sender in Donezk

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Angesichts der mangelnden "Deeskalation" der Lage in der Ukraine beschlossen die EU-Botschafter der 28 Mitgliedstaaten bei einem Treffen in Brüssel, gegen 15 weitere Russen und Ukrainer Konten- und Visasperren zu verhängen. Wegen des Konflikts hatte die EU bisher Sanktionen gegen 55 Bürger der beiden Länder verhängt. Gegen Wirtschaftssanktionen gibt es wegen ihrer weitreichenden Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft noch Vorbehalte in der EU.

Washington erließ neben der Ausweitung der Sanktionsliste für US-Firmen strengere Regeln beim Export von Hightech-Artikeln nach Russland, die für militärische Zwecke verwendet werden können. Die Sanktionen seien eine Antwort auf die "anhaltende illegale Intervention" und die "Provokationen" Russlands in der Ukraine, erklärte das Weiße Haus.

Russland "angewidert" von Sanktionen

Russland drohte den USA daraufhin mit einer "schmerzhaften" Reaktion". "Wir werden natürlich reagieren", sagte Vize-Außenminister Sergej Riabkow der Nachrichtenagentur Interfax. "Wir sind sicher, dass diese Antwort einen schmerzhaften Effekt haben wird." Weitere Details nannte er nicht. Riabkow äußerte sich "angewidert" über die Erklärung des Weißen Hauses und warf den USA vor, "völlig den Kontakt zur Realität" verloren zu haben.

Im Osten der Ukraine blieb die Lage weiter angespannt. In der Stadt Kostjantyniwka auf halbem Weg zwischen Donezk und Slawjansk besetzten prorussische Bewaffnete das Rathaus. In Donezk griffen rund 300 prorussische Demonstranten die Bank des Milliardärs Igor Kolomoiski an, der seit Anfang März Gouverneur der Region Dnipropetrowsk ist. In Charkiw wurde der prorussische Bürgermeister Gennadi Kernes angeschossen und schwer verletzt.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Bundesregierung forderten derweil die sofortige Freilassung der in Slawjansk als Geiseln festgehaltenen europäischen Militärbeobachter. Die Männer müssten "unverzüglich, bedingungslos und unversehrt" freigelassen werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Unter den sieben Beobachtern sind drei Bundeswehrsoldaten und ein deutscher Dolmetscher.

Deutschland kämpft um Freilassung der Geiseln

Die Militärbeobachter würden "gegen jedes Recht und ohne jeden Grund" festgehalten, sagte Seibert. Russland müsse sich von der "Geiselnahme" klar distanzieren. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte wegen der Krise einen geplanten Truppenbesuch im Kosovo kurzfristig ab. Sie besuchte am Montag eine Einheit in Geilenkirchen. Die Station der drei festgehaltenen Soldaten. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) telefonierte erneut mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow und forderte ihn auf, sich für eine Freilassung der Beobachter einzusetzen.

OSZE-Chef Didier Burkhalter kritisierte die Festsetzung der Beobachter als "inakzeptabel". Die OSZE verhandle weiter "auf allen Ebenen" über ihre Freilassung. Der Ständige Rat der OSZE beriet am Nachmittag bei einer Sondersitzung in Wien über die Lage in der Ukraine. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bemüht sich derweil um Zugang zu den Gefangenen.

Die Gruppe war am Sonntag der Presse vorgeführt worden. Ein schwedischer Beobachter wurde später aus gesundheitlichen Gründen freigelassen. Neben den acht europäischen Beobachtern waren auch vier ukrainische Offiziere gefangengenommen worden. Der Leiter dieser Begleitdelegation wurde von den OSZE-Beobachtern und seinen eigenen Leuten getrennt. Von ihm fehlt bislang jede Spur. Die Milizen fordern im Gegenzug für die Freilassung der Beobachtung die Freilassung von durch ukrainische Truppen gefangenen Anhängern, wie rational sie handeln, ist unklar.

Röttgen fordert Sanktionen der "dritten Stufe"

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), hatte sich im Vorfeld der Bekannmachung für eine spürbare Verschärfung der Sanktionen ausgesprochen. Angesichts des Vorgehens des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei es erforderlich, "auf die dritte Stufe der Sanktionen" zu gehen, sagte Röttgen am Montag dem Deutschlandfunk.

Er halte "fühlbare Sanktionen" für erforderlich, etwa auch beim Zugang Russlands zum Finanzmarkt, fügte Röttgen hinzu. Die EU hat bisher Sanktionen der "Stufe zwei" verhängt, dazu gehören Konten- und Visasperren für russische Vertreter.

Röttgen warf Putin vor, die "Destabilisierung" der Ukraine als "Instrument" einzusetzen, um das Land zu "chaotisieren". Der CDU-Politiker kritisierte den Umgang der prorussischen Kräfte im Osten der Ukraine mit den dort verschleppten Militärbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Die Vorführung der Geiseln bei einem Pressetermin am Sonntag sei eine "abstoßende Machtdemontration" gewesen, sagte Röttgen.

Die OSZE-Militärbeobachter waren am Freitag in der Nähe von Slawjansk von prorussischen Milizen verschleppt worden. Mit der Geiselnahme wollen diese die Freilassung inhaftierter Gesinnungsgenossen erreichen.

Die Europäische Union berät an diesem Montag in Brüssel über weitere Strafmaßnahmen gegen Russland. Wie ein EU-Vertreter am Wochenende sagte, geht es weiter um die Verhängung von Strafmaßnamen der "Stufe zwei", darunter Konto- und Visasperren gegen führende russische Regierungsvertreter.

(AFP)
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