Umstrittenes Bewertungssystem Pflegenoten werden vorerst nicht abgeschafft

Berlin · In der Übergangszeit bis zur Schaffung eines neuen Bewertungssystems für die Pflegeheime im Jahr 2018 solle das bisherige Notensystem beibehalten werden, hieß es am Montag aus Koalitionskreisen in Berlin.

Die Pflegestufen im Überblick
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Foto: dapd

Die Reform der eigentlichen Pflegeversicherung, die 2017 in Kraft treten soll, wird die Zahl der Anspruchsberechtigten mittelfristig um etwa 500.000 erhöhen.

Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, die Fachleute von Union und SPD hätten sich darauf verständigt, vorerst an den Pflegenoten festzuhalten. Mittelfristig soll das Bewertungssystem aber grundlegend überarbeitet werden, damit es aussagekräftiger wird. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), hatte auf eine Aussetzung der Pflegenoten gedrängt, weil sie aus seiner Sicht untauglich sind. Er wollte sie stattdessen durch einen schriftlichen Bericht ersetzen. Die SPD will dagegen an den Noten festhalten.

Laumann bekräftigte am Montag, dass die Pflegenoten "schnellstmöglich" ausgesetzt werden sollten, "weil sie die Bürger in die Irre führen". Er werde in den kommenden Wochen dafür weiterhin bei der SPD Überzeugungsarbeit leisten. "Ich habe vom Koalitionspartner bislang keine schlüssige Erklärung dafür gehört, warum beispielsweise schon ein Heim geschlossen wurde, das mit einer glatten Eins bewertet worden war", erklärte Laumann.

Auch die Grünen forderten erneut, die Pflegenoten sofort auszusetzen. Die Beibehaltung der Noten sei "ein großer Fehler", erklärte die Sprecherin für Pflegepolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Elisabeth Scharfenberg. "Die Pflegenoten liefern keine objektive, brauchbare Information."

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz beharrte hingegen auf dem Notensystem. Die Kernnoten etwa für die Therapie von Wunden, die Ernährung oder besondere Hilfen für Demenzkranke seien "unverzichtbar", erklärte Vorstand Eugen Brysch. Künftig müsse der Pflege-TÜV aber auf neue Beine gestellt werden.

Der Pflege-TÜV für Heime und ambulante Pflegedienste war im Sommer 2009 eingeführt worden. Jedes Heim wird regelmäßig mit Schulnoten bewertet. Kritiker beklagen seit langem, dass die tatsächliche Qualität der Heime durch das bisherige Benotungssystem verschleiert wird und fast alle Heime sehr gut abschneiden.

Im Zuge der Pflegereform sollen die bisher drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt werden. Von dem neu geschaffenen Pflegegrad 1 werden in den ersten Jahren nach der Einführung rund 500.000 Menschen profitieren, die bisher keine Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten haben, wie am Montag aus Regierungskreisen verlautete. Die Kosten dafür würden sich auf eine halbe Milliarde Euro belaufen.

Mit der Reform des Pflgebedürftigkeitsbegriffs soll erreicht werden, dass Demenzkranke besser in das System der gesetzlichen Pflegeversicherung einbezogen werden als bisher. Den Angaben zufolge soll es bei der Einführung des neuen Systems Bestandsschutz geben, der gewährleisten soll, dass niemand schlechter gestellt wird als bisher. Zudem soll gewährleistet werden, dass sich der Eigenanteil, den die Pflegebedürftigen für die erhaltenen Leistungen beisteuern müssen, durch die Einordnung in eine höhere Pflegestufe nicht erhöht.

(AFP)
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