Atomstreit Umweltminister Röttgen in der CDU isoliert

Düsseldorf (RP). Das Bundeskanzleramt hat sich erneut gegen die Strategie von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) zur Zukunft der Atomenergie gestellt. Nachdem Kanzlerin Angela Merkel bereits am Wochenende vor Vorfestlegungen in der Laufzeitfrage gewarnt hatte, stellte ihr Sprecher Ulrich Wilhelm am Montag den Kernpunkt der Argumentation Röttgens infrage. Andere Unionspolitiker wollen Röttgen jetzt den Mund verbieten.

Norbert Röttgen: Der Werdegang des Politikers
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Der politische Werdegang von Norbert Röttgen

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Foto: dpa/Kay Nietfeld

Dieser hatte stets betont, der letzte Atommeiler könne vom Netz gehen, wenn Ökostrom die Atomkraft verlässlich ersetze. Dies werde spätestens 2030 der Fall sein. Wilhelm kritisierte nun die Gegenüberstellung allein von erneuerbaren Energien und Kernenergie. Im Rahmen eines Energiekonzepts müssten natürlich auch Kohle- und Gaskraftwerke betrachtet werden.

"Es wird darum gehen, alle Energieträger am Ende in den Blick zu nehmen", sagte Wilhelm unter Hinweis auf das für Oktober angepeilte Energiekonzept. "Und auf dieser Grundlage der Betrachtung aller Energieträger des Energiemixes muss dann auch die Entscheidung über die Brückentechnologie fallen", sagte er.

Röttgen hatte dagegen wiederholt deutlich gemacht, zuerst müssten die erneuerbaren Energien den Atomstrom und erst danach Kohle- und Gaskraftwerke ersetzen. Röttgens These, dass 2030 die Atomenergie überflüssig und zudem bei den Menschen nicht akzeptiert sei, hatte auch in der eigenen Partei und vor allem in den unionsregierten Ländern mit Atommeilern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen heftigen Protest ausgelöst.

Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe ging auf Distanz zu Röttgen. Eine Vorfestlegung auf ein Laufzeit-Ende der deutschen Atomkraftwerke sei ein "missverständliches Signal" und "nicht hilfreich". In einer Sitzung von CDU-Vorstand und Präsidium, an der auch Röttgen teilnahm, sei dies gestern deutlich gemacht worden.

Andere Unions-Politiker wollen Röttgen nun den Mund verbieten. Unions-Bundestagsfraktionsvize Michael Kretschmer (CDU) mahnte Röttgen in der "Leipziger Volkszeitung", sich mit öffentlichen Äußerungen bis zur Vorlage eines gemeinsam mit Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ausgearbeiteten Energiekonzepts mit öffentlichen Äußerungen zur Atomkraft zurückzuhalten.

Die erneuerbaren Energien seien derzeit nicht konkurrenzfähig, sagte Kretschmer. Energiepolitik dürfe nicht dazu führen, dass die Industrie aus Deutschland vertrieben wird. "Es darf nicht um Wunschträume, sondern es muss um eine seriöse Sicherung der Zukunft gehen", sagte er. Keiner könne heute sagen, wann die Funktion der Atomkraft in Deutschland als Brückentechnologie beendet sei. Man brauche sichere Energieformen, die Deutschland dauerhaft international konkurrenzfähig halten.

Hessens Umweltministerin Silke Lautenschläger (CDU) sagte dem Blatt, bis zur Vorlage eines abgestimmten Energiekonzeptes der Bundesregierung wäre es sehr hilfreich, wenn alle Beteiligten auf unzulässige Vorfestlegungen verzichten würden. "Vorfestlegungen darf es nicht geben, weder bei den Laufzeiten noch bei den Automatismen zur generellen Sicherheitsüberprüfung der Meiler", sagte sie. Das von Röttgen ins Spiel gebrachte Jahr 2030 als Ende der Laufzeit für Atomkraftwerke habe nichts mit einem vernünftigen Energiekonzept zu tun.

(RP/ddp)
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