Asylpolitik Union plant Schnellverfahren für Nordafrikaner

Immer mehr Asylbewerber kommen aus den Maghreb-Staaten. Ihre Chancen auf Anerkennung sind miserabel. Auch weil viele von ihnen straffällig werden. Ihre Asylanträge sollen jetzt schneller bearbeitet werden.

Düsseldorf: Großrazzia im "Maghreb-Viertel"
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2016: Großrazzia im Düsseldorfer "Maghreb-Viertel"

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Foto: Gerhard Berger

Als Schritt zur Bewältigung der Flüchtlingskrise will die Union die Asylverfahren für Marokkaner, Tunesier und Algerier beschleunigen. Die SPD hat im Prinzip zwar nichts dagegen, sieht das Problem aber in erster Linie bei den Abschiebungen, die nicht funktionieren. Die Zahl der aus diesen drei Maghreb-Staaten nach Deutschland kommenden Menschen war zuletzt stark gestiegen.

Umgesetzt werden soll eine schneller Abwicklung durch gesonderte Einrichtungen: Wie die "Welt am Sonntag" berichtete will die Union Algerier und Marokkaner in Zukunft wie Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten behandeln und in speziellen Rückführungseinrichtungen unterbringen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wollten dies schon so handhaben, bevor beide Länder gesetzlich zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden, berichtet die "Welt am Sonntag".

Asylbewerber aus diesen Ländern sollten nicht mehr auf Kommunen in ganz Deutschland verteilt werden, sondern in speziellen Einrichtungen ein Schnellverfahren durchlaufen und gegebenenfalls direkt abgeschoben werden.

Ähnlich wird bereits bei Flüchtlingen vom Balkan verfahren.
Allerdings waren Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Serbien, Montenegro, Albanien und das Kosovo zuvor per Gesetz zu sicheren Herkunftsländern erklärt worden. Für Algerien und Marokko streben CDU und CSU dies ebenfalls an. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, auch Tunesien müsse auf die Liste. Die SPD zeigte sich offen für den Vorschlag. Allerdings müsste im Bundesrat auch mindestens ein von den Grünen mitregiertes Land zustimmen.

Eine Unterbringung von Nordafrikanern in Rückführungszentren könnte die bayerische Landesregierung in Abstimmung mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einfach verfügen. Dort gibt es aktuell freie Plätze, da inzwischen weniger Asylbewerber vom Balkan kommen.

Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion, Thomas Kreuzer, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Es spricht alles dafür, auch Migranten ohne Bleibeperspektive aus dem nordafrikanischen Raum in die Rückführungseinrichtungen in Bamberg und Manching zu bringen." Nach Informationen der Funke-Mediengruppe prüft Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) außerdem, das BAMF anzuweisen, Anträge aus Algerien, Marokko und Tunesien vorrangig zu bearbeiten.

Gabriel sagte, die Idee, Flüchtlinge aus Marokko und Algerien mit geringen Asylchancen in speziellen Erstaufnahme-Einrichtungen unterzubringen, sei ein alter Hut. Und: "Wir müssen einfach mal einhalten, was wir versprochen haben, statt jeden Tag eine neue Idee durchs Land zu schicken. Wichtiger sei es, den Regierungen in Nordafrika klar zu machen, dass sie abgelehnte Asylbewerber zurücknehmen müssten.

Die Innenministerien der Länder werfen Marokko, Algerien und Tunesien nach einem "Spiegel"-Bericht "unkooperatives Verhalten" bei Abschiebungen vor. Rund 5500 Nordafrikaner seien nach einem Papier der Innenbehörden Ende Juli 2015 ausreisepflichtig gewesen. Lediglich 53 konnten im ersten Halbjahr 2015 abgeschoben werden.

Die Krise entwickelt derweil für Kanzlerin Merkel eine neue Wucht. Am Wochenende verstärkten die Koalitionspartner SPD und CSU den Druck. Sie müsse zügig die versprochene europäische Lösung in der Flüchtlingspolitik herbeiführen, sagte SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann der Deutschen Presse-Agentur.

Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel setzte eine Frist: "Wenn die Maßnahmen im Frühjahr nicht Wirkung zeigen, bewegen wir uns auf Zahlen zu, die schwierig werden", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bei einer Klausur der Parteispitze im brandenburgischen Nauen erklärte er: "Ich glaube, dass wir bis Frühjahr, Frühsommer ein Türkei-Abkommen schaffen müssen."

Auch die CSU drängelt. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU)
drohte mit einer Verfassungsklage in Karlsruhe: "In den nächsten 14 Tagen werden wir die Bundesregierung schriftlich auffordern, an den Grenzen wieder rechtlich geordnete Verhältnisse herzustellen", sagte der CSU-Vorsitzende dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Grünen-Chefin Simone Peters erklärte, die aufgeregten Rufe nach Ultimaten, Obergrenzen oder Bedingungen bei der Flüchtlingsaufnahme weckten unerfüllbare Erwartungen.

(pst/dpa)
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