Wird bald ein Prozent des Einkommens fällig? Union streitet über Abgabe für Kinderlose

Berlin · Eigentlich hat die Kanzlerin bereits ein Machtwort gesprochen, doch die Diskussion um eine Sonderabgabe für Kinderlose will in den Reihen der Parteien nicht verstummen. Das Thema zeigt eines: Die Debatte um die richtigen Maßnahmen in der Familienpolitik ist voll entbrannt. Doch ist das Bild in Deutschland wirklich so düster?

Es war eine Gruppe aus jungen Unionsabgeordneten, die den Vorschlag auf den Tisch brachte. Der lautet: Menschen ohne Kinder sollten eine Abgabe von einem Prozent ihres Einkommens zahlen, Familien mit einem Kind einen halben Prozent. Anlass dafür, so schreibt die "Zeit", ist die Demografie-Strategie der Regierung, die derzeit überarbeitet wird.

Denn eines zeigt sich seit vielen Jahren: In Deutschland gibt es immer mehr Ältere und immer weniger Kinder. Die geburtenstarken Jahre sind vorüber, der Fachkräftemangel ist ebenfalls ein viel diskutiertes Thema. Und so muss die schwarz-gelbe Regierung geeignete Maßnahmen ergreifen, will sie der Entwicklung entgegensteuern. Auch wenn der Vorschlag zu der Sonderabgabe bereits von Angela Merkel abgebügelt wurde, so zeigt er doch, wie sehr das Thema unter den Nägeln brennt.

Kita-Platzausbau und Elterngeld

Dabei spielt vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer wieder eine Rolle. Da werden Länder wie Frankreich als Beispiel gebracht, um zu verdeutlichen, wie weit Deutschland noch vom Ideal entfernt ist. Auch bei den Bürgern selbst ist dieses Thema in Umfragen zur Familienpolitik immer ganz oben auf der Agenda.

Die Bundesregierung versucht bereits mit mehreren Maßnahmen gegenzusteuern. So sollen etwa die Kita-Plätze ausgebaut werden, Eltern mit Kindern unter drei Jahren haben ab 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Doch der Ausbau stockt noch immer. Für Berufstätige aber sind die Betreuungsmöglichkeiten ein wichtiger Punkt in Bezug auf die Familienplanung.

Der große Baustein aber war das anfangs völlig umstrittene Elterngeld, das Mega-Projekt der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen. Angenommen worden ist es gut, und die Politik lobt die Maßnahme immer wieder.

Anlass zur Freude gaben vor allem Zahlen des Statistischen Bundesamtes, dass es 2010 2,5 Prozent mehr Eltern das Geld in Anspruch nahmen und zugleich die Zahl der Kinder um 1,3 Prozent gestiegen war. Inwieweit es tatsächlich einen Zusammenhang gab, darüber lässt sich nur spekulieren. Die Politik jedenfalls sieht im Elterngeld ein großes Erfolgsprojekt.

Geburtenschub im Jahr 2010

Überhaupt sieht die Entwicklung hinsichtlich der Geburtenzahlen in Deutschland inzwischen besser aus als noch vor einigen Jahren. Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2010 so viele Geburten wie schon seit 1990 nicht mehr. 13.000 Kinder mehr wurden geboren, jede Frau bekam statistisch gesehen 1,39 statt im Vorjahr 1,36 Kinder.

Ein positives Zeichen, doch die Trendwende ist noch lange nicht geschafft. Denn die Statistiker haben im Januar auch Zahlen der Bevölkerungsentwicklung vorgelegt. Und dort klafft noch eine große Lücke zwischen Geburten- und Sterberaten. Demnach gab es im Jahr 2011 nach vorläufigen Zahlen ein Geburtendefizit von bis zu 680.000 Menschen.

Aus diesem Grund sieht sich die Politik auch gezwungen, neue Maßnahmen zu durchdenken. Denn diese Entwicklung wird in den kommenden Jahren wohl noch an Dramatik zunehmen. Ob ein Sonderbeitrag für Kinderlose der richtige Weg ist, darüber lässt sich im politischen Berlin jedenfalls derzeit trefflich streiten.

(das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort