G20-Gipfel Union und SPD fordern Extremistendatei auch für linke Täter

Düsseldorf · Nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel werden Forderungen nach sicherheitspolitischen Konsequenzen laut. Gleich mehrere Innenpolitiker der Koalitionsfraktionen von Union und SPD machen sich jetzt dafür stark, eine Extremistendatei auch für linke Täter einzuführen.

 Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg (Archiv).

Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg (Archiv).

Foto: dpa, ahe

Bisher gibt es eine solche Datei für Rechtsextremisten und im Bereich der Terrorabwehr mit der Antiterrordatei. Diese Dateien werden vom Bund und von den Ländern gemeinsam geführt und sollen bei der Prävention und Aufklärung von Straftaten aus dem Spektrum helfen. Eine Extremistendatei für Linksradikale gibt es bisher noch nicht.

"Wir brauchen eine umfassende Extremistendatei, und zwar europaweit", sagte Eva Högl, Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und für Innenpolitik zuständig. "Dann hätten die Behörden einen besseren Überblick über Gewalttäter und könnten Meldeauflagen auch im Ausland verhängen." Das sei überfällig.

Ähnlich hatte sich auch ihr Fraktionskollege Burkhard Lischka geäußert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) habe sich nie ernsthaft für eine solche gemeinsame Datei der europäischen Sicherheitsbehörden eingesetzt und stattdessen den Bedenkenträger gegeben, kritisierte Lischka. "Hamburg ist ein Ergebnis davon: Hunderte Brandstifter und Gewalttäter aus ganz Europa sind unerkannt nach Deutschland eingereist, um sich in Hamburg auszutoben."

Doch in der Union scheint die Einführung einer solchen Datei viele Anhänger zu finden. CDU-Innenpolitiker Armin Schuster hatte am Samstag gegenüber unserer Redaktion erklärt, dass er eine solche Datei guthieße. Jetzt äußert sich auch Stephan Mayer (CSU) dazu, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. "Ich halte eine europäische Extremistendatei für Linksradikale für sehr sinnvoll und unterstützenswert", sagte Mayer unserer Redaktion.

Doch Mayer geht mit seinen Schlussfolgerungen weit darüber hinaus. "Die unfassbaren und brutalen Gewaltexzesse zeigen auf besorgniserregende Weise, dass in Deutschland aber auch in vielen anderen europäischen Ländern eine sehr aktive linksextremistische Szene existiert", warnte Mayer und fügte hinzu: "Die vor dem G20-Gipfel begonnenen Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen sollten daher fortgesetzt werden."

Parallel zu Extremistendatei und Grenzkontrollen wird auch über die Schließung linker Zentren wie der Roten Flora in Hamburg oder der Rigaer Straße in Berlin diskutiert. "Die Senate in Hamburg und Berlin dürfen auch nicht länger Hausbesetzungen durch die linksextremistische und autonome Szene und damit rechtsfreie Räume in der Roten Flora und der Rigaer Straße dulden", sagte Mayer. CDU-Mann Schuster, selbst ausgebildeter Polizist, hatte eine Schließung dieser Zentren gefordert.

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Autonome verwüsten das Hamburger Schanzenviertel

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Für die SPD wäre das aber eine Grenzüberschreitung. "Die Gewaltexzesse in Hamburg gehen auf das Konto von Gewalttouristen und Straftätern", sagte Högl. Das habe mit linken Zentren wie der Roten Flora oder der Rigaer Straße in Berlin wenig bis gar nichts zu tun. "Jetzt massiv gegen solche Orte vorzugehen, sorgt nur für weitere Eskalationen und dient in der Sache gar nicht", sagte sie. Zuvor hatte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) gesagt, die "Orgie an Brutalität" habe mit "linken Motiven nichts zu tun". Die heutige Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig (SPD), hatte 2014 als Bundesfamilienministerin vom Linksextremismus als "aufgebauschtes Problem" gesprochen und kurz nach ihrer Amtsübernahme ein Programm gegen Linksextremismus gestrichen.

Die Haltung ist jedoch in der SPD klar: "Für Verständnis mit den Gewalttätern ist kein Platz in diesem Land", sagte Högl, fügte aber hinzu: "Wir brauchen trotz der Solidarität mit den Einsatzkräften eine schonungslose Fehleranalyse, um für ähnliche Veranstaltungen in der Zukunft lernen zu können." Angesichts der Ausschreitungen seien bestimmt auch den Sicherheitskräften Fehler unterlaufen, die jetzt nüchtern und ohne Schuldzuweisungen aufgearbeitet gehörten.

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Mehrere Politiker von Grünen und Linken hatten der Polizei in Hamburg vorgeworfen, maßgeblich zur Eskalation der Lage beigetragen zu haben. Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte nun, G20-Gipfel künftig nicht mehr abzuhalten. "Im Grunde kann die Lehre nur sein, in Zukunft auf solche Show-Veranstaltungen, die sinnlos Steuergeld verschlingen und keine Ergebnisse bringen, ganz zu verzichten", sagte Wagenknecht am Wochenende.

(jd)
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