Von der Leyen eröffnet Bundeswehr-"Showroom" Schaufensterpuppe in Uniform soll Nachwuchs anlocken

Berlin · Eine Marketingaktion der besonderen Art: Die deutsche Verteidigungsministerin hat am Mittwoch im Zentrum Berlins den ersten "Showroom" der Bundeswehr eröffnet.

Von der Leyen eröffnet "Showroom" der Bundeswehr
5 Bilder

Von der Leyen eröffnet "Showroom" der Bundeswehr

5 Bilder

Der Präsentationsraum am Bahnhof Friedrichstraße soll vor allem für die Nachwuchswerbung genutzt werden. Neben einer uniformierten Schaufensterpuppe und Bildschirmen für Videovorführungen ist das Ladenlokal allerdings recht spärlich eingerichtet. Seit der Aussetzung der Wehrpflicht Mitte 2011 bemüht sich die Truppe verstärkt um die Anwerbung von Nachwuchs. Bundesweit gibt es 110 Beratungsbüros. Begleitet wurde die Eröffnung des "Showrooms" von einer Demonstration gegen die Bundeswehr mit etwa 20 Teilnehmern, darunter auch Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion.

Einen belebteren Ort hätte die Bundeswehr für ihren ersten "Showroom" kaum finden können. Direkt vor einem der wichtigsten Bahnhöfe Berlins, wenige Schritte von der Einkausmeile Friedrichstraße entfernt, zwischen einem Schuhgeschäft und einer Apotheke hängt nun eine Leuchtschrift mit dem Slogan "Bundeswehr - Wir. Dienen. Deutschland". Daneben prangt ein Eisernes Kreuz, das Symbol der Truppe. Drinnen steht eine Schaufensterpuppe mit Sonnenbrille, Stahlhelm und Kampfmontur.

An einer Wand hängt ein Bild von einer Fregatte, an einer anderen ein Monitor. So richtig viele Showeffekte gibt es nicht. Trotzdem scheint die Bundeswehr ziemlich stolz zu sein auf ihre neueste Errungenschaft für die Nachwuchs-Rekrutierung, die seit dem Ende der Wehrpflicht vor gut drei Jahren immer schwieriger geworden ist. Als einen "modernen Ort für unkomplizierten Kontakt mit der Bundeswehr" preist eine Pressemitteilung den Showroom.

Proteste: "Kein Werben fürs Sterben"

Vor dieser neuen Kontaktbörse steht am Mittwochmorgen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und versucht zu erklären, worum es hier geht. Die drei Dutzend Journalisten, die sie umringen, können sie allerdings nicht verstehen, weil 20 Demonstranten auf der anderen Straßenseite immer wieder skandieren: "Kein Werben fürs Sterben".

Die Ministerin kommt gerade von einer Kabinettssitzung im Kanzleramt. Die Runde hat beschlossen, das militärische Engagement in Afghanistan fortzusetzen. Der Einsatz am Hindukusch ist die tödlichste Mission in der Geschichte der Bundeswehr. In 13 Jahren kamen dort 55 deutsche Soldaten ums Leben. Jetzt soll die Truppe zwar nicht mehr selbst die aufständischen Taliban bekämpfen, sondern nur noch die afghanischen Streitkräfte für diesen Kampf ausbilden. Gefährlich bleibt es für die deutschen Soldaten trotzdem.

So richtig gut passen die beiden Termine von der Leyens an diesem Vormittag nicht zusammen. Hier die Werbung für eine Truppe, die nach ihrem Willen zu einem der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands werden soll. Dort die Entscheidung über einen Einsatz, bei dem es für den einzelnen Soldaten um Leben oder Tod gehen kann - und bei dem man gar nicht so genau weiß, ob sich das alles überhaupt lohnt.

Das Risiko kennt auch Natalie Bianchini, die am Mittwoch zu den ersten Besuchern des Showrooms zählt. Die 23-Jährige steht dem Afghanistan-Engagement zwar skeptisch gegenüber. Trotzdem würde sie einen Einsatz am Hindukusch in Kauf nehmen. Für die Kellnerin zählt vor allem eins: Ein solider Job. "Es gibt 100 verschiedene Möglichkeiten bei der Bundeswehr und man ist abgesichert", sagt sie.

Von der Leyen kämpft unterdessen vor den Kameras weiter tapfer gegen die Beschallung von der anderen Straßenseite an. Unter den Demonstranten sind auch Bundestagsabgeordnete der Linken, der einzigen Fraktion im Bundestag, die bisher jeden Bundeswehreinsatz abgelehnt hat. "Uns ist auch wichtig, die Auseinandersetzung zu suchen", sagt die Ministerin. "Wenn man versucht, den anderen niederzuschreien, dann hat man schlechte Argumente."

In einer Diskussion mit Schülern der zehnten Klasse redet sie bei der Eröffnung des "Showrooms" auch über die Auslandseinsätze und wie darüber im Bundestag entschieden wird. Natalie Bianchini möchte nicht in der Haut der Politiker stecken. "Ich finde Krieg nie richtig", sagt sie. "Trotzdem möchte ich nicht in der Position sein, darüber zu entscheiden."

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort