Ständehaustreff in Düsseldorf Von der Leyen verteidigt Merkels Kurs

Düsseldorf · Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stellte sich beim Ständehaus-Treff den Fragen von RP-Chefredakteur Michael Bröcker. Sie warnte vor einer Eskalation des Ukraine-Konflikts durch Waffenhilfe.

 Ursula von der Leyen sprach beim Ständehaus-Treff in Düsseldorf.

Ursula von der Leyen sprach beim Ständehaus-Treff in Düsseldorf.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Gleich zu Beginn macht die Verteidigungsministerin klar, dass sie nichts von Waffenlieferungen in die Ukraine hält. "Wir müssen sehr aufpassen, dass der Kreml keinen Vorwand hat, offen in den Konflikt einzugreifen", betont Ursula von der Leyen (CDU). Wenn die Lösung nicht militärisch gefunden werden kann, ist es nicht klug, Waffen zu liefern."

Die Ministerin stellte sich am Montag in Düsseldorf den Fragen von RP-Chefredakteur Michael Bröcker vor 500 Gästen des Ständehaus-Treffs. Unter ihnen war erstmals auch der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Thomas Geisel (SPD).

"Ich bin heilfroh, dass wir die Kanzlerin haben"

Von der Leyen warnt vor einer Verteufelung Russlands: "Zurzeit ist Russland kein Partner, es darf aber kein Feind werden. Die Enttäuschung über die Rechtsverletzungen ist groß. Wir müssen eine Lösung finden, dass wir eines Tages wieder vertrauensvoll miteinander umgehen können", sagt die Ministerin.

"Ich bin heilfroh, dass wir die Kanzlerin haben. Sie spricht Russisch, Putin spricht deutsch. Das ist ein riesiger Vorteil: Politik ist ganz stark von Persönlichkeiten abhängig." Mit Merkel könne man durch Krisen gehen. "Wir alle hoffen, dass sie 2017 noch einmal antritt."

Beide Politikerinnen sind tief besorgt, dass die Eskalation in der Ukraine unkontrollierbar werde. Über die unbewachte Grenze könnten die prorussischen Separatisten immer neue Waffen erhalten. "Das würde das Leid der Menschen nur vergrößern", sagt die Ministerin. Die Krise sei brandgefährlich und hoch komplex. Es herrsche indes große Einigkeit, dass der Bruch des Völkerrechts und die ungesetzliche Landnahme nicht hingenommen werden könnten.

Münchener Sicherheitskonferenz - die wichtigsten Aussagen
13 Bilder

Die wichtigsten Aussagen von der Münchener Sicherheitskonferenz

13 Bilder
Foto: dpa, tha fdt

Wirtschaftlichen und politischen Druck aufrechterhalten

Für Ursula von der Leyen geht es jetzt vor allem darum, den wirtschaftlichen und politischen Druck aufrechtzuerhalten. "Putin hat den Feind außen gesucht, weil er es nicht geschafft hat, die wirtschaftlichen Probleme des Landes zu lösen. Deshalb ist das Schwert der langfristigen Sanktionen schärfer", betont die Ministerin.

Der Kreml zahle bereits jetzt einen hohen Preis für sein aggressives Vorgehen. Die Investoren würden das Land verlassen, die Währung befinde sich am Boden, die Wirtschaft schrumpfe.
"Wir wollen mit den Sanktionen Russland nicht dauerhaft schädigen, sondern an den Verhandlungstisch zurückholen", meint die Ministerin.

Auch für die Ukraine, deren Präsident Petro Poroschenko immer wieder Waffen fordere, setze sich die europäische Staatengemeinschaft vorbildlich ein: "Wir helfen der Ukraine mit Milliardenbeträgen, um sie in die Lage zu versetzen, in freier Selbstbestimmung das vom Krieg gezeichnete Land wieder aufzubauen und die staatliche Einheit zu stabilisieren."

Henry Kissingers Vorschlag einer neutralen Ukraine lehnt die Politikerin ab: "Wir dürfen den Ukrainern nicht vorschreiben, wie sie leben sollen. Dazu gehört die Souveränität und die Integrität des Landes. Darauf beharren wir."

Auch Privates gab Ursula von der Leyen beim Ständehaustreff preis: "Ich habe von vorneherein nicht einen Ministerposten angestrebt, der international ausgerichtet war. Ich wollte nicht Gesundheitsministerin werden, nur das war klar, gerade auch, weil ich Ärztin war und die Erwartungen entsprechend gewesen wären. Als mir die Kanzlerin das Verteidigungsressort angeboten hat, habe ich instinktiv zugegriffen", berichtet von der Leyen und setzt hinzu: "Bei Google habe ich dann aber erst einmal ,Verteidigungspolitik' eingegeben."

Die Ministerin sprach auch über ihren verstorbenen Vater Ernst Albrecht, der in Niedersachsen Ministerpräsident gewesen ist. "Ich habe meinen Vater unendlich geliebt und bewundert." Die Bindung sei bei ihr und ihren Brüdern sehr tief gewesen.

Albrecht litt zehn Jahre an der Alzheimer-Krankheit. "Das war eine schwere, aber auch einprägsame Zeit." Sie habe die Verantwortung für die Pflege des Vaters getragen. "Es hat mich gelehrt, dass der Mensch auch eine Würde hat, wenn er nicht mehr denken kann. Der Satz cogito ergo sum, ich denke, also bin ich, gilt nicht."

(kes)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort