Zwei Biografien über CDU-Politikerin Ursula von der Leyen — die lächelnde Ministerin

Berlin · Je stärker ihr der Wind ins Gesicht weht, desto konsequenter lächelt Ursula von der Leyen. Sie weiß, dass die Zeit der blumigen Ankündigungen bald vorbei ist. Sie muss jetzt liefern. Zwei aktuelle Biografien sehen sie schon auf der Rolltreppe zum Kanzleramt.

Ursula von der Leyen - EU-Kommissionschefin und siebenfache Mutter
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Das ist Ursula von der Leyen

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Foto: AP/Efrem Lukatsky

Wer ins Schlaraffenland gelangen will, muss sich erst durch einen Berg aus Brei fressen. Dass Ursula von der Leyen ins Kanzleramt will, wird man aus dem Mund der CDU-Politikerin zwar so nicht hören. Doch, dass das Verteidigungsministerium ein Berg ist, an dem schon einige ihrer ebenfalls sehr ambitionierten Vorgänger gescheitert sind, ist kein Geheimnis.

Auf der anderen Seite sagen viele im politischen Berlin: Wer diesen Schleudersitz-Job unbeschadet übersteht, der hat seine Bewährungsprobe für die Kanzlerkandidatur überstanden. Das mag auch der Grund dafür sein, dass Journalisten der ehrgeizigen CDU-Allzweckwaffe, die vor dem Verteidigungsressort auch schon das Familien- und das Arbeitsministerium geleitet hatte, jetzt gleich zwei Biografien gewidmet haben.

Die ersten Monate im Amt müssen für von der Leyen grässlich gewesen sein. Lobbyisten und Vertreter der Rüstungsindustrie rannten ihr die Bude ein. Sie wollten wohl bei der in militärischen Belangen noch unerfahrenen Ministerin schnell Pflöcke einschlagen. Gleichzeitig tauchten fast im Wochentakt neue Hiobsbotschaften auf.

"Sie muss ständig neue Brände austreten"

Internationale Transportflüge verzögern sich, weil alte Transall-Maschinen defekt sind. Hubschrauber müssen aus Sicherheitsgründen vorübergehend am Boden bleiben. Es gibt Zweifel an der Treffsicherheit des Sturmgewehrs G36. Der Koalitionspartner lästert über die medienwirksamen Auftritte der Ministerin. "Ich sehe Frau von der Leyen ständig auf Fotoreisen", sagt der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel.

Hinter den Kulissen ist aber auch Mitgefühl für von der Leyen zu hören, die viele ihrer heutigen Probleme geerbt hat. "Sie muss ständig neue Brände austreten, da bleibt kaum Zeit für Umstrukturierungen", sagt ein Kenner der Materie. Er hält die anfangs umstrittene Ernennung der fachfremden Unternehmensberaterin Katrin Suder zur Staatssekretärin für Rüstung für eine der besten Entscheidung der Ministerin.

Tatsächlich spielen die beiden ungleichen Frauen — Suder redet ohne Schnörkel und liebt Zahlen, von der Leyen lächelt lieber verbindlich — einander perfekt die Bälle zu. Wenn die Ministerin das Gefühl hat, dass in einem großen Rüstungsprojekt irgendwo noch unerkannte Risiken lauern könnten, taucht Suder in die Tiefe und schaut nach. Was sie an die Oberfläche holt, sieht nicht immer schön aus.

Einige Strukturveränderungen hat Suder schon eingeleitet. Damit es nicht wieder passiert, dass wegen Lieferverzögerungen der Industrie Geld aus dem Etat des Verteidigungsministeriums nicht ausgegeben werden kann, darf künftig wieder leicht "überplant" werden. Davon merken die Soldaten in ihrem Alltag erst einmal nichts.

"Kanzlerin der Reserve" und "Operation Röschen"

Die Ankündigung, dass wieder mehr Fahrzeuge, Waffen und Geräte bei den einzelnen Einheiten vorhanden sein sollen, kommt dagegen gut bei der Truppe an. "Nach meiner Rückkehr aus dem Einsatz in Afghanistan hatte ich das Gefühl, ich komme zurück ins Mittelalter", sagt ein ranghoher Offizier. Zwar sei es richtig, den Schwerpunkt auf die Ausrüstung der Soldaten im Einsatzgebiet zu legen. So niedrig wie zuletzt dürfe das Ausrüstungsniveau aber auch zu Hause nicht sein.

Unter den Bundeswehr-Angehörigen werden die beiden aktuellen Von-der-Leyen-Biografien sicher einige Leser finden. Die erfahren da nicht nur Politisches, sondern auch, dass die "Kanzlerin der Reserve" zu Hause Tüten-Kartoffelpüree auf den Tisch bringt. Das Buch "Operation Röschen" spricht auch von der Leyens womöglich größtes Handicap auf dem Weg ins Kanzleramt an, den mäßigen Rückhalt in der CDU. Die Autoren stellen fest: "Wie ihr Vater setzt sie ihre Interessen oft lächelnd durch. Wie ihr Vater findet sie Parteipolitik langweilig."

(dpa)
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