Warnung der Verbraucherzentralen Verbraucher zahlen jährlich 120 Euro mehr für Ökostrom

Berlin · Die Verbraucherzentralen rechnen wegen der Energiewende erneut mit Mehrkosten für Privathaushalte bis 2020. Politiker und Gewerkschaften fordern weniger Industrieprivilegien und schnelle Reformen.

 Der Ausbau der Windenergie verschlingt viel Geld. Experten sehen Einsparmöglichkeiten.

Der Ausbau der Windenergie verschlingt viel Geld. Experten sehen Einsparmöglichkeiten.

Foto: dpa, go Wagner

Atomausstieg und Ausbau der erneuerbaren Energien lassen die Stromkosten der Privathaushalte nach Einschätzung führender Verbraucherschützer weiter spürbar steigen. "Bis 2020 wird die Energiewende einen Durchschnittshaushalt zusätzlich etwa 120 Euro pro Jahr kosten", sagte Holger Krawinkel, kommissarischer Leiter der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Ausbau der Windanlagen

"Etwa zwei Drittel der Kostensteigerung liegen im Ausbau der Windanlagen auf See begründet." Kostentreiber seien außerdem die wachsenden Strommengen der Industriebetriebe, die von den Förderkosten des Ökostroms ausgenommen seien. Zudem stiegen immer mehr Bürger und Unternehmen aus der Ökostrom-Förderung aus, indem sie ihren Strom selbst produzierten.

Die Kostenbegrenzungen bei der Umsetzung der Energiewende gehören zu den zentralen Aufgaben der neuen Bundesregierung. Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) will bis Ostern Eckpunkte für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorlegen. Der Anstieg der Ökostrom-Förderkosten soll dadurch gebremst werden. Gabriel will zudem soziale Härten abfedern. Wie hoch künftig die Zuwendungen an einzelne Stromerzeuger ausfallen, ist unter den Bundesländern umstritten.

Einsparpotenzial bei Windparks

Verbraucherschützer Krawinkel sieht Einsparpotenzial bei den Windparks in der Nordsee. Union und SPD haben das Ausbauziel für die Offshore-Stromleistung im Koalitionsvertrag zwar von zehn auf 6,5 Gigawatt bis 2020 reduziert, doch auch das neue Ziel sei zu hoch. Krawinkel plädierte für mehr Windräder in Bayern und Baden-Württemberg. "Wenn die süddeutschen Länder ihr Windkraft-Potenzial so realisieren würden wie Rheinland-Pfalz, könnte man weitgehend auf die Anlagen auf See und auch auf einige Stromtrassen verzichten", sagte er.

Ausnahmen für Betriebe zurückfahren

Umweltpolitiker fordern zudem, die Zahl der Ausnahmen für Betriebe von den Ökostrom-Kosten deutlich zurückzufahren. 2014 wächst die Zahl der Unternehmen, die von der EEG-Umlage weitestgehend befreit sind, jedoch zunächst weiter um etwa 500 auf rund 2800. Die EU sieht in deren Bevorzugung eine unerlaubte Wettbewerbsverzerrung und hat daher ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eingeleitet.

"Das inflationäre Befreien von der EEG-Umlage muss endlich aufhören. Es dürfen nur noch die Unternehmen befreit werden, die wirklich nachweislich im internationalen Wettbewerb stehen", sagte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Matthias Miersch. Es dürfe nicht sein, dass Betriebe ihre Maschinen übers Wochenende laufen ließen, nur um nachzuweisen, dass sie energieintensiv seien.

Auch DGB-Chef Michael Sommer forderte, die Privilegien zusammenzustreichen. "Schwarz-Gelb hat bei der EEG-Umlage dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, etwa durch Ausnahmen für Golfplätze oder Fleischverarbeiter, also die klassische FDP-Klientel. Das muss unbedingt rückgängig gemacht werden."

(mar, qua)
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