Debatte um Begnadigung von Christian Klar Verfassungsschutz warnt vor neuem Linksterror

Hamburg (RPO). In der Diskussion um die Begnadigung des Ex-RAF-Terroristen Christian Klar warnt der Verfassungsschutz vor neuem Linksterror. Es gebe noch Reststrukturen aus dem Kreis der RAF-Unterstützer, sagte der Präsident des baden-württembergischen Verfassungsschutzes Johannes Schmalzl. Zwar sei der Linksextremismus weit von der Dimension von RAF-Anschlägen entfernt. Er gab jedoch zu bedenken: "Wer mag denn sicher ausschließen, dass die Täter von heute nicht auch zur Schusswaffe greifen?"

Klar: neun Morde, elf Mordversuche
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"Wir müssen aufpassen, dass jetzt nicht ehemalige RAF-Terroristen wie zum Beispiel Christian Klar als 'Ikonen' der gewaltbereiten linksextremistischen Szene herumlaufen oder sich von dieser Szene instrumentalisieren lassen", sagte Schmalzl der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe). Die Selbstbezichtigungsschreiben militanter Gruppen atmeten den alten RAF-Geist, wurde er zitiert.

Schmalzl wies darauf hin, dass es im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel in Heiligendamm bereits "19 schwere Anschläge in Deutschland" gegeben habe. Beim letzten Brandanschlag der Berliner "Militanten Gruppe" auf ein Gebäude der italienischen Handelskammer und des türkischen Unternehmerverbandes sei ausdrücklich Bezug genommen worden auf das umstrittene Grußwort Klars zur Rosa Luxemburg-Konferenz. Dies sei "eine Besorgnis erregende Entwicklung".

Mit heftiger Kritik haben Unionspolitiker am Wochenende auf das Treffen von Bundespräsident Horst Köhler mit dem früheren RAF-Terroristen Christian Klar reagiert. Das Treffen "könnte von Manchen wie ein später Sieg der Terroristen gedeutet werden", sagte CSU-Chef Edmund Stoiber. Stoiber sagte der "Welt am Sonntag" die Begegnung des Staatsoberhaupts mit Klar komme bei vielen Bürgern so an, als wende der Staat für Schwerstverbrecher und Feinde der deutschen Demokratie mehr Fürsorge auf als für die Kleinen, so "als wären RAF-Mörder die besseren Mörder".

Merkel ruft zu Respekt vor Köhler auf

Der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) mahnte: "Eine Privilegierung der RAF-Mörder dient nicht dem Rechtsfrieden in Deutschland. Darauf hat der Bundespräsident als Staatsoberhaupt aller Deutschen zu achten." Sonst könnten "andere Schwerverbrecher" auch den Anspruch auf Begnadigung stellen - "wo kämen wir da hin?"

Das Bundespräsidialamt hatte am Samstag bestätigt, dass Köhler sich mit Klar getroffen hatte. Der Präsident will in den kommenden Tagen über das Gnadengesuch des ehemaligen RAF-Mitglieds entscheiden. Kanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert, SPD und Grüne nahmen Köhler in Schutz und riefen zu mehr Respekt vor dem Amt des Staatsoberhaupts auf.

Klar sitzt unter anderem wegen der Morde an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer seit 24 Jahren im Gefängnis. Seine Mindesthaftzeit endet ohne Begnadigung im Januar 2009. Im "Tagesspiegel am Sonntag" hieß es ohne nähere Quellenangabe, bislang seien 35 RAF-Verbrechen noch nicht oder nur teilweise aufgeklärt worden.

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