Verfassungsschutzpräsident tritt zurück Bundesinnenminister entlässt Fromm

Berlin · Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat das Rücktrittsgesuch von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm angenommen. Das teilte ein Sprecher am Montag in Berlin mit.

 Heinz Fromm hat seinen Rücktritt angeboten.

Heinz Fromm hat seinen Rücktritt angeboten.

Foto: AP, AP

Der Präsident des Verfassungsschutzes, Heinz Fromm, hatte am frühen Montagmorgen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) um Entlassung gebeten.

Beim Rückzug von Fromm handelte es sich nach einer Erklärung seiner Behörde nicht um einen Rücktritt in Form einer Bitte um Entlassung noch hatte er ein Rücktrittsgesuch eingereicht, sondern um eine Versetzung in den Ruhestand gebeten, sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) am Montag in Köln der Nachrichtenagentur dpa.

Wie unsere Redaktion aus Regierungskreisen erfuhr, zieht Fromm die Konsequenzen aus den Pannen bei den Ermittlungen gegen die Neonazi-Zelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) sowie die jüngst bekanntgewordenen Vernichtung brisanter Akten von Verfassungsschützern im Zusammenhang mit der NSU.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte zuvor vom Bundesverfassungsschutz Aufklärung über die Vernichtung von Akten über den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU). "Ich habe Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm angewiesen, den Vorfall umfassend aufzuklären und mir rasch zu berichten", sagte der CSU-Politiker der "Bild"-Zeitung. "Herr Fromm hat zudem die Prüfung disziplinarrechtlicher Konsequenzen in seinem Hause angekündigt."

NSU-Akten geschreddert

In den vergangenen Tagen war Fromm vermehrt unter Druck geraten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" bereits im März 2003 konkrete Hinweise auf ein Netz rechter Terrorzellen in Deutschland erhalten. Das gehe aus einem Schreiben des italienischen Staatsschutzes AISI an das BfV vom 14. Dezember 2011 hervor, schreibt das Blatt in seiner Montagausgabe.

In dem Schreiben verweise der italienische Dienst auf eine bereits am 21. März 2003 dem Kölner Bundesamt übermittelte Information. Darin sei es um ein Treffen europäischer Neonazis im belgischen Waasmunster im November 2002 gegangen, auf dem italienische Rechtsextremisten "bei vertraulichen Gesprächen von der Existenz eines Netzwerks militanter europäischer Neonazis erfahren" hätten.

Vergangene Woche musste Fromm den skandalösen Umstand beichten, dass ein Referatsleiter acht Akten zur Thüringischen Neonazi-Szene vernichten ließ, kurz nachdem das Terror-Trio, das für eine Serie von zehn Morden verantwortlich gemacht wird, aufgeflogen war.

Fälle nicht "in Datei eingetragen"

Nun wurde bekannt, dass auch in den elektronisch gespeicherten Unterlagen nicht alle Überwachungsvorgänge enthalten sind. Einige Fälle seien "nicht in die Datei eingetragen", andere "aus operativen Gründen" herausgehalten worden, zitiert der "Spiegel" aus einer internen Untersuchung des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Damit hatte die Behörde Verschwörungstheorien Tür und Tor geöffnet. Denn im Zusammenhang mit der "Operation Rennsteig", mit der zwischen 1997 und 2003 V-Leute in der Thüringischen Neonazi-Szene angeworben werden sollten, erstellten die daran beteiligten Behörden auch eine Liste mit verdächtigen Gewaltbereiten im wehrfähigen Alter, auf denen sich auch die Namen der als Haupttäter verdächtigen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos finden.

Vertrauen "nachhaltig beschädigt"

Die Vernichtungsaktion könne das Vertrauen in die Arbeit der Sicherheitsbehörden "nachhaltig beschädigen", hatte der Unions-Obmann im Untersuchungsausschuss, Clemens Binninger, erklärt.

Er hatte deshalb gefordert, dass ein Ermittlungsbeauftragter für die Parlamentarier Einsicht in die Akten mitsamt den Klarnamen der V-Leute nehmen müsse. Das lehnt der Geheimdienst bislang entschieden ab. "Wenn wir die rausgeben, können wir unser Geschäft einstellen", hieß es dazu aus Sicherheitskreisen.

Fromm ist seit Juni 2000 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Zuvor leitete den Verfassungsschutz in Hessen und eine Justizvollzugsanstalt Kassel. Zudem war er Staatssekretär im hessischen Innenministerium. Fromm ist Mitglied der SPD. Am kommenden Donnerstag soll er vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages aussagen.

(brö)
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