Schwarz-Rot Verhandlungen stocken nach drei Wochen

Berlin · Drei Wochen nach ihrem Start sind die Koalitionsverhandlungen von Union und SPD ins Stocken geraten: Die SPD brach am Dienstag die Beratungen in der Arbeitsgruppe Verkehr, in der es um die Pkw-Maut geht, vorläufig ab. Auch in der Frage der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften und Volksabstimmungen auf Bundesebene traten Differenzen auf.

Die SPD beendete die Verhandlung der Verkehrs-Arbeitsgruppe nach Angaben des Büros ihres Verhandlungsführers Florian Pronold mit der Begründung, die Union sei nicht zu Beratungen über eine Ausweitung der Lkw-Maut bereit gewesen. Die SPD erwarte, dass am 18. November die Beratungen zu diesem und anderen offenen Themen fortgesetzt und entschieden werden könnten.

Der amtierende Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zeigte sich enttäuscht über das Verhalten der SPD. Die Union habe über wichtige Themen wie die maritime Wirtschaft, Elektromobilität, Verkehrssicherheit oder Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr diskutieren wollen.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte in Berlin, es gebe "ernste Konflikte" in der Familien- und Gleichstellungspolitik sowie beim Thema Bildung. "An bestimmten Stellen prallt es aufeinander", sagte sie. Als besonders heikel stufte die SPD-Generalsekretärin Debatten über gesellschaftspolitische Themen ein. Neben der Homo-Ehe betreffe das beispielsweise auch den Ausbau der Ganztagesschulen. Um hierfür eine direkte Förderung durch den Bund zu ermöglichen, will die SPD eine Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbots in der Verfassung erreichen, das dem Bund Zahlungen für Aufgaben der Länder weitgehend untersagt.

Nach einem Bericht der Zeitung "Die Welt" vom Dienstag waren die Verhandlungen der Arbeitsgruppe Familie am späten Montagabend abrupt vertagt worden. Nach Auseinandersetzungen über die Homo-Ehe und das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare soll SPD-Vize Manuela Schwesig dem Bericht zufolge gesagt haben: "Ich kann den SPD-Mitgliedern unter diesen Umständen nicht empfehlen, einer Koalitionsvereinbarung zuzustimmen."

Friedrich gegen Volksentscheide

Unterdessen stießen CSU und SPD mit gemeinsamen Überlegungen zu Volksentscheiden auf Bundesebene bei der CDU auf Widerspruch. Ein von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Dienstag vorgelegtes Papier sieht die Möglichkeit vor, über bestehende Gesetze per Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Zudem solle bei europapolitischen Fragen von besonderer Tragweite das Volk befragt werden.

Volksabstimmungen könnten dazu beitragen, "die gefährliche Kluft zwischen etablierter Politik und Gesellschaft wieder zu schließen", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel zu "Spiegel Online". Für mehr direkte Demokratie sprach sich auch CSU-Chef Horst Seehofer aus. "Ich habe schon immer befürwortet, das Volk einzubinden", sagte der bayerische Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung vor dem bayerischen Landtag. Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) ging auf Distanz: Es gebe in der Arbeitsgruppe Innen und Recht weiter keine Einigung über die Einführung von plebiszitären Elementen.

Das Papier von Friedrich und Oppermann soll als Diskussionsgrundlage für die Beratungen der großen Koalitionsverhandlungsrunde am Mittwoch dienen, wie es aus Teilnehmerkreisen hieß.

(AFP)
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