Merkel und Barroso kritisieren Putin Verlorenes Vertrauen

Frankfurt/Main (RPO). Im Zuge des Öl-Streits zwischen Russland und Weißrussland gerät Wladimir Putin zusehends unter Druck. Bundeskanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsident Barroso bezeichneten als nicht akzeptabel, dass sie wegen des Stopps der Öl-Lieferungen nicht informiert wurden. "Das zerstört immer wieder Vertrauen", sendet Merkel ein klares Signal nach Moskau.

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Foto: AFP

Im Kräftemessen zwischen Russland und Weißrussland zeichnete sich am Dienstag keine rasche Lösung ab. Eine ranghohe weißrussische Delegation flog nach Moskau, doch der Beginn der Verhandlungen verzögerte sich. Der russische Präsident Wladimir Putin wies sein Kabinett an, über eine Reduzierung der Ölförderung nachzudenken. Russland kann Rohöl nur in begrenztem Umfang verarbeiten und müsste die Förderung bei einem Rückgang der Exporte zurückfahren.

Moskau hatte am Montag die Einspeisung von Öl eingestellt und Weißrussland vorgeworfen, Öl für eigene Zwecke abgezweigt zu haben. Der Lieferstopp betrifft vor allem die Ukraine, Polen und Deutschland. Die Bundesrepublik bezieht ein Fünftel seiner jährlichen Ölimporte aus der Leitung.

Die anhaltende Blockade russischer Öllieferungen entwickelte sich zur Belastungsprobe für die Beziehungen zwischen der EU und Moskau: Barroso und Merkel nannten es inakzeptabel, dass sie über das Vorgehen nicht informiert worden seien. "Das zerstört immer wieder Vertrauen. Darauf kann sich keine wirklich vertrauensvolle Zusammenarbeit dann ungestört aufbauen", sagte EU-Ratspräsidentin Merkel.

Am (morgigen) Mittwoch will die EU-Kommission den Entwurf für eine gemeinsame Energiestrategie vorstellen. Sie zielt darauf ab, die Abhängigkeit von Energie-Importen zu verringern. Am 21. Januar wird Merkel nach Moskau reisen, um Putin zu treffen. Trotz der Blockade der "Druschba"-Pipeline fiel der Ölpreis am Dienstag. Im elektronischen Handel an der New Yorker Rohstoffbörse gab er am Dienstagnachmittag 77 Cent auf 55,32 Dollar je Barrel (159 Liter) nach. Öl sei ausreichend vorhanden, teilte der Mineralölwirtschaftsverband mit.

Neue Debatte über Atomkraft

In Deutschland flammte wegen des Öl-Problems die Debatte über die Zukunft der Atomenergie wieder auf. Bundeskanzlerin Merkel warnte vor einseitigen Liefer-Abhängigkeiten und deutete ein Abrücken vom Atomausstieg an.

Es sei klug, sich nicht einseitig von Lieferanten abhängig zu machen: "Deshalb muss man sich natürlich auch überlegen, was für Folgen es hat, wenn wir Kernkraftwerke abschalten." Widerspruch kam aus den Reihen des Koalitionspartners: Der Anteil der Stromerzeugung durch Öl liege in der Bundesrepublik unter 1,7 Prozent, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD).

Er sehe daher keinen Zusammenhang zwischen Öllieferungen und Strom. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warnte vor einem Wiedereinstieg in die Atomenergie und betonte, es handele sich um eine Risikotechnologie.Laut einer Emnid-Umfrage ist den meisten Deutschen die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu groß: Demnach sähen es 71 Prozent lieber, wenn Deutschland weniger Energie aus Russland importieren würde.

61 Prozent lehnen eine weitere Nutzung der Atomenergie über die rot-grüne Ausstiegsvereinbarung hinaus ab.

(ap)
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