Ungarns Premier Viktor Orban "Linke diktiert Merkel die Flüchtlingspolitik"

Budapest · Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zeigt sich davon überzeugt, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingsfrage nicht ihrem eigenen Willen gehorcht.

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Foto: AP/Petr David Josek

"Ich denke, dass die deutsche und die europäische Linke der deutschen Kanzlerin jene Migrationspolitik diktieren, die sie derzeit zu machen gezwungen ist", sagte Orban in einem Interview der regierungsnahen Budapester Tageszeitung "Magyar Idök" (Donnerstag).

Die Flüchtlinge würden "in zehn Jahren, zusammen mit ihren Angehörigen" eingebürgert werden und dann "in großer Mehrheit die Linke wählen", führte Orban aus. Seine Aussage stützte der ungarische Regierungschef auf nicht näher bezeichnete "vorliegende Studien".

Orban hat sein Land gegen Flüchtlinge abgeschottet. Seit Jahresbeginn laufen im Namen seiner Regierung fremdenfeindliche Medienkampagnen, in denen die Flüchtlinge als potenzielle Terroristen diffamiert werden. Mit Zäunen an den Grenzen zu Serbien und Kroatien hat Orban die Flüchtlingswanderung, die ursprünglich durch Ungarn verlaufen war, nach Kroatien und Slowenien umgeleitet.

In der EU galt er wegen seiner rigiden Zurückweisung von Flüchtlingen zunächst als Außenseiter, gewann aber bei den Nachbarn in Osteuropa zunehmend Sympathien. Insbesondere Polen erlebt nach der Wahlen einen rechtsnationalen Ruck.

Für eine liberale Flüchtlingspolitik hat Orban in des null Verständnis. Europas Politikern unterstellte er vor wenigen Tagen gar einen Mangel an gesundem Menschenverstand. "Selbst den einfachsten Menschen war klar, dass wir nicht zulassen dürfen, dass solche Menschenmassen ohne Kontrolle in unser Leben einmarschieren", sagte der Rechtskonservative der Zeitung "Lidove noviny" aus Prag (Samstag). Man wisse nicht, was das für Leute seien und woher sie stammten. Nichts zu unternehmen, zeuge von "selbstmörderischen Neigungen".

Schon im Zusammenhang mit diesen Äußerungen formulierte Orban Ängste vor einer linken Verschwörung. "Wir haben den Verdacht, dass in Europa geheim oder hinter vorgehaltener Hand Wähler importiert werden", sagte er. Nach Ansicht des Rechtspolitikers würden die meisten eingebürgerten Migranten linke Parteien wählen.

Der ungarische Regierungschef zweifelte zudem an der Integrationsfähigkeit von Ausländern. "Die Tatsache, dass wir bei uns keine Parallelgesellschaften haben, ist kein Nachteil Mitteleuropas, sondern einer unserer größten Vorteile", behauptete er. Orban regiert seit 2010 mit einer Zweidrittelmehrheit in Ungarn. Er hat einen Grenzzaun errichten lassen, um Flüchtlinge abzuhalten.

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(pst/dpa)
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