Münchner Sicherheitskonferenz Die deutsche Umarmungsstrategie gegenüber Trump

München · Bei der Münchner Sicherheitskonferenz konkretisiert Verteidigungsministerin von der Leyen zum Auftakt die Grundsätze für die Zukunft der Nato: keine Alleingänge.

 James Mattis und Ursula von der Leyen am Freitag im Gespräch.

James Mattis und Ursula von der Leyen am Freitag im Gespräch.

Foto: ap, FO

Wenn die US-Administration unter dem neuen Präsidenten Donald Trump ein Zeichen des Auseinanderdriftens in der Nato hätte geben wollen, sie hätte sich keineswegs darauf eingelassen, ihren ersten programmatischen Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz zu starten. Denn die Amerikaner wissen: Der Bayerische Hof in München, der steht nicht für Distanz. Da wird es schon zum Auftakt eher kuschelig.

Die beiden Verteidigungsminister Ursula von der Leyen und James Mattis sitzen dicht nebeneinander, plaudern mit fröhlicher Miene. Sie haben sich vor einer Woche in Washington gesehen, vor zwei Tagen in Brüssel, und nun sagen sie "Ursula" und "Jim" zueinander.

Und so wertet von der Leyen den Umstand, dass sie beide diese mit Spannung erwartete Sicherheitskonferenz gemeinsam eröffnen, als "gutes Zeichen für die Freundschaft zwischen unseren Ländern". Doch diese Höflichkeit dauert nur Sekunden, dann geht es zur Sache. Gleich zu Beginn der Rede wird die deutsche Strategie der umarmenden Ermahnung sichtbar.

Sie greift Trumps Verlangen nach einer fairen Lastenteilung im Bündnis auf und stellt fest, dass dies bedeute, jederzeit für den Anderen einzustehen, wenn dieser in Not sei. "Das schließt Alleingänge aus", hält von der Leyen fest. Und damit auch jeder weiß, an wen sich dieser Appell richtete, konkretisiert sie: "Sowohl Alleingänge des Vorpreschens, aber auch Alleingänge des Wegduckens."

Ende der Durchsage? Nein, eher der Anfang des konzertierten Versuches, das Trump-Amerika in der Nato, in der Partnerschaft mit der EU und vor allem in der gemeinsamen Verantwortung zu halten. Und zwar nach Art der Münchner Sicherheitskonferenz, wo traditionell auch das weniger diplomatische Wort gewählt wird. Gemeinsamer Kampf gegen den Terrorismus, führt von der Leyen weiter aus, das habe nichts damit zu tun, eine Front gegen den Islam oder Muslime an sich zu bilden. Soviel zu Trumps neuem Anlauf zu einem Einreisestopp.

Von der Leyen macht zudem klar, dass die Forderung der US-Administration, mehr in die Verteidigung zu investieren, längst auf dem Weg ist. Um acht Prozent habe Deutschland seinen Verteidigungsetat aufgestockt. "Wir Deutschen haben verstanden, dass wir nach einer Periode, in der wir die Vorzüge einer Friedensdividende nutzen konnten, jetzt beharrlich investieren müssen in eine Sicherheitsrücklage", lautet ein weiterer zentraler Satz vom Freitagnachmittag. Und er macht im Zusammenhang klar, was an diesem Samstag Bundeskanzlerin Angela Merkel mit US-Vizepräsident Mike Pence besprechen wird, wenn sie sich erstmals in München treffen.

Und auch Mattis gibt bereits einen Vorgeschmack von den Vorstößen, die von Trumps Leuten zu erwarten sind. Sie stellen die Nato nicht (mehr) in Frage, aber sie bestehen darauf, dass sie sich ändert. "Wir werden das Bündnis anpassen an die neuen Herausforderungen", kündigt Mattis an. Und er verweist auf den Kampf gegen den islamistischen Terror, nennt "den Süden", das Mittelmeer und die türkische Grenze. Aber er betont auch, dass sich niemand täuschen sollte, wer nun den Ton angibt. Neben strategischen müssten auch "politische Realitäten anerkannt" werden: Trump im Amt.

Stunden später wird die Botschaft der Amerikaner für die Welt Senator John McCain in einen einfachen Satz zusammenfassen, auf den sich die US-Delegation parteiübergreifend verständigt hat: "Ja, es sind gefährliche Zeiten, aber Sie sollten Amerika nicht abschreiben", sagt McCain.

Dazwischen verfolgt die Konferenz den Versuch einer Klärung: Wird die EU in Zukunft geeint oder geteilt sein? Der für viele beklemmende Befund: Die Teilung ist keine Frage der Zukunft, schon in der Gegenwart scheinen Podiumsteilnehmer wie der polnische Außenminister Witold Waszczykowski und der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, in verschiedenen Welten zu leben.

Sie geraten heftig aneinander und belegen, dass es über die angeblich gemeinsamen Werte der EU keinen Common Sense mehr gibt. Leidenschaftlich wirbt Timmermans für die gleichen Rechte aller Bürger in der EU, die auch europäische Bürgerrechte hätten und diese in Rumänien und auch in Polen einforderten, wenn sie diese verletzt wähnten.

Eine ungerechtfertigte Einmischung in die inneren polnischen Angelegenheiten nennt das Waszczykowski, eine Missachtung der polnischen Verfassung. Timmermans spricht in diesem Zusammenhang von "alternativen Fakten" aus dem Mund des polnischen Offiziellen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble warnt davor, in die falsche Richtung aufzubrechen. In seiner Zeit als Innenminister sei es eine besondere Herausforderung gewesen, die Grenzkontrollen an der polnischen Grenze abzuschaffen. "Es wäre eine Katastrophe, sie wieder aufzubauen", lautet sein Beschwörungsversuch.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort