Bundeswehr-Affäre Von der Leyen kritisiert Wehrmacht-Fetisch

Illkirch-Graffenstaden · Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat bei ihrem Besuch in der Kaserne, in der der terrorverdächtige Franco A. stationiert war, eine Überprüfung der Disziplinarordnung der Bundeswehr in Aussicht gestellt. Sie kritisierte außerdem den Wehrmacht-Fetisch einiger Soldaten.

Ursula von der Leyen besucht Kaserne Illkirch
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Von der Leyen besucht Kaserne Illkirch

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Foto: dpa, pse fpt

Angesichts des Skandals um den terrorverdächtigen Offizier Franco A. hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Überprüfung der Disziplinarordnung der Bundeswehr angekündigt. Bei einem Besuch in der Kaserne im französischen Illkirch sagte von der Leyen am Mittwoch, dass untersucht werden müsse, ob meldepflichtige Vorfälle möglicherweise nicht an Vorgesetzte weitergeleitet werden. Es gehe auch um die Frage, ob die nötige Sensibilität bei allen Vorgesetzten vorhanden sei.

"Wo gibt es Bruchstellen, wo gibt es Lücken?", fragte die Ministerin mit Blick auf die Disziplinarordnung. Von der Leyen kritisierte erneut, dass der Fall A. so lange unentdeckt geblieben sei. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den vor einer Woche festgenommenen Oberleutnant wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Der Bundeswehr sollen bereits 2014 Hinweise auf seine rechtsextreme Gesinnung vorgelegen haben.

Zuletzt war A. bei der deutsch-französischen Brigade in Illkirch stationiert. Bei ihrem Besuch in der Kaserne ließ sich von der Leyen auch einen Raum zeigen, in dem Soldaten Bilder und alte Waffen sowie Helme mit Wehrmachtsbezug aufbewahrten.

"Die Wehrmacht ist in keiner Form traditionsstiftend für die Bundeswehr", kritisierte die Ministerin. Die Wehrmacht habe "nichts mit der Bundeswehr gemein". Das sei "eine Selbstverständlichkeit in der Bundeswehr, die von allen getragen werden muss".

Zugleich erklärte von der Leyen, sie sei auch nach Illkirch gekommen, "um den Soldaten hier den Rücken zu stärken". Die ganz überwiegende Mehrheit mache ihren Dienst "tadellos" und verdiene Unterstützung und Respekt. "Wir sollten uns vor Pauschalisierungen hüten", sagte sie.

Nach Bekanntwerden des Falls hatte die Ministerin am Wochenende in scharfen Worten "Haltungsprobleme", "Führungsschwäche" und "falsch verstandenen Korpsgeist" bei der Bundeswehr angeprangert. Vertreter der Bundeswehr und anderer Parteien warfen ihr daraufhin vor, die Truppe pauschal verurteilt zu haben und die Verantwortung abzuwälzen.

Die Ministerin schloss personelle Konsequenzen nicht aus. "Wir sind mitten in den Aufklärungen deswegen. Ich schließe nichts ein oder aus", sagte sie.

(AFP/th)
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