Überwachung empört Linkspartei Von Kommunisten und "Salon-Bolschewisten"

Düsseldorf · Politiker der Linkspartei reagieren empört auf die andauernde Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Am Mittwoch bestätigte das Bundesland Niedersachsen, dass bei den Aktionen auch "nachrichtendienstliche" Mittel Anwendung finden. Im Klartext: Politiker der Linken werden bespitzelt. Zu Recht? Das Demokratieverständnis von Linkspolitikern in NRW beispielsweise beschäftigt die Öffentlichkeit regelmäßig.

 Gregor Gysi und Sarah Wagenknecht: "Salon-Bolschewist" und überzeugte Kommunistin?

Gregor Gysi und Sarah Wagenknecht: "Salon-Bolschewist" und überzeugte Kommunistin?

Foto: dapd, Maja Hitij

Linken-Chef Klaus Ernst ist sauer: "Es ist absolut unerträglich, dass ein amtierender Innenminister die neonazistische NPD, deren Kader im rechten Terrornetzwerk Beihilfe zu schlimmsten Gewalttaten leisten, mit den frei gewählten Abgeordneten einer demokratischen Partei vergleicht", sagte Ernst unserer Redaktion. Friedrich sei "offensichtlich für dieses Amt nicht qualifiziert".

Unklarheiten über eingesetzte Mittel

Der Minister widersprach am Mittwoch Aussagen aus Niedersachsen, wonach auch nachrichtendienstliche Mittel verwendet werden. Es gebe eine klare Anweisung an das Bundesamt, die Linkspartei nur zu beobachten. "Mir ist nicht bekannt, dass vonseiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gegen diese Anweisung verstoßen wird", so Friedich weiter. Sollte sich daran nicht gehalten werden, werde Friedrich umgehend einschreiten.

Auch Fraktionschef der Linken im Düsseldorfer Landtag, Wolfgang Zimmermann, sprach im Interview mit WDR5 von "einer unsäglichen Praxis". Dabei sind es auch Mitglieder seines Landesverbandes, die regelmäßig Zweifel aufkeimen lassen, wie ernst es linke Parteimitglieder mit ihrer Treue zu Demokratie, Freiheit und dem Grundgesetz meinen.

Marx als Vorbild, Kontakte zur PKK

Sarah Wagenknecht, die 2009 in Düsseldorf für den Bundestag kandidierte, nennt Karl Marx als politisches Vorbild. Die Kommunistin wertet die Finanzkrise als logisches Ergebnis des "kapitalistischen Herrschaftssystems". 1992 nannte sie den Mauerbau ein "notwendiges Übel". An der DDR findet sie noch heute die "Eigentumsformen" lobenswert. Dort gehörten beispielsweise auch Wohnungen und Arztpraxen zum "sozialistischen Eigentum".

Umstritten ist auch Ulla Jelpke, die ebenfalls über die NRW-Landsliste in den Bundestag einzog und unter anderem im Innenausschuss arbeitet. Der Buchhalterin wurden mehrfach Kontakte zur kurdischen Terrororganisation PKK nachgesagt. Ihr Lieblingsfeld ist die internationale Politik. Im März 2009 kritisierte sie Angriffe der irakischen Luftwaffe auf die von Kurden bewohnte Stadt Halabja als "Genozid" und bezichtigte deutsche Firmen der Mittäterschaft eines "Völkermords".

Zwischen 2002 und 2005 war Jelpke Innenpolitikchefin der linksextremen Ex-Stasi-Zeitung "Junge Welt". Der Regierungskurs der Ost-Linken gefällt ihr nicht. "Wir gehören in die Opposition", sagte sie.

Antikapitalistische Linke

Wie Jelpke gehört auch Fraktionschef Zimmermann zu den Unterstützern der Antikapitalistischen Linken, einer radikalen Gruppe innerhalb der Partei, die gegen den "regierungsorientierten Pragmatismus" zu Felde zieht und unter anderem die Auflösung der Nato und Strafzahlungen für Unternehmer bei Arbeitsplatzabbau fordert.

Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Linken und Grünen nach dem knappen Wahlausgang in NRW im Frühjahr 2010 wurden von Hannelore Kraft ohne Ergebnis abgebrochen. Es habe während der Verhandlungen seitens der Linkspartei viele relativierende Äußerungen zu ihrem Demokratieverständnis gegeben, ließ die SPD-Spitzenfrau anschließend verlauten. Heute lässt Kraft ihre Minderheitsregierung mit den Grünen von der Linkspartei dulden.

"Gysi ist ein Salon-Bolschewist"

Rückendeckung für die Linkspartei kommt auch von NRW-Innenminister Ralf Jäger. Dieser fordert die zuständigen Behörden auf: "Stoppen Sie diese Beobachtung, stoppen Sie diese Bespitzelung." Es dürfe nicht sein, dass demokratisch gewählte Parteien und Abgeordnete derart unter Beobachtung stehen.

Auch der Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion und Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), mahnt, zumindest was das Berliner Spitzenpersonal der Partei anbelangt, so mehr Gelassenheit. So handele es sich bei Gregor Gysi nicht etwa um einen Staatsfeind — sondern schlicht um einen "Salon-Bolschewisten".

(csi)
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