Kampf gegen den Terror Union dringt auf Alleingang bei Vorratsdatenspeicherung

Berlin · In der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung beziehen die Koalitionäre unterschiedliche Positionen: Während sich führende Politikerinnen aus CDU und CSU für einen Alleingang Deutschlands ausgesprochenhaben, um die Vorratsdatenspeicherung bei der Verbrechensbekämpfung unabhängig von der Europäischen Union rasch wieder einzuführen, distanziert sich die SPD von dem Vorhaben.

Vorratsdaten - was Behörden von uns wissen wollen
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Foto: dpa

"Nach meiner persönlichen Auffassung sollten wir dabei nicht warten, bis die EU eine neue Richtlinie beschließt", sagte die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) der "Welt am Sonntag" laut Vorabbericht. Die Vorratsdatenspeicherung von Internet- und Telefondaten sei ein wichtiges Instrument zur Wahrung der inneren Sicherheit, sagte die CDU-Politikerin.

"Wir müssen nicht zwingend auf die EU warten", sagte auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, der Zeitung "Die Welt" vom Samstag. Die Kriterien für eine verfassungs- und europarechtskonforme Speicherung von Verbindungsdaten seien vom Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klar benannt worden.

Die Anschläge islamischer Extremisten in Frankreich war die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung neu entflammt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte einen neuen Anlauf der EU, nachdem der Europäische Gerichtshof eine EU-Regelung im April gekippt hatte. Danach legte die Bundesregierung ein Gesetz zur Umsetzung der EU-Regelung gar nicht erst vor.

SPD ist sich uneinig

Die SPD ist in der Frage gespalten. Parteichef Sigmar Gabriel erinnerte an SPD-Beschlüsse, wonach die Vorratsdatenspeicherung unter "engen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen" ein geeignetes und auch verhältnismäßiges Instrument sein könne. Als Beispiel nannte er die Genehmigung durch einen Richter. Ein neuer Vorstoß müsse aber auf europäischer Ebene abgestimmt werden. Auch Fraktionschef Thomas Oppermann hat erklärt, es sei an der EU-Kommission, eine neue Richtlinie auszuarbeiten. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) lehnt die Vorratsdatenspeicherung dagegen bislang ab.

Auch die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann hat die SPD aufgefordert, bei einem strikten Nein zu bleiben.
In einem Beitrag für das "Handelsblatt" (Online-Ausgabe) schrieb sie mit Blick auf Bundesjustizminister Heiko Maas: "Zum Glück gibt es Heiko Maas. Wie schon in den letzten Monaten widersteht er den sicherheitspolitischen Reflexen und hält die Bürgerrechtsfahne hoch."

Juso-Chefin Uekermann schrieb weiter, die terroristischen Anschläge von Paris hätten alle tief verunsichert. "Es ist aber dennoch falsch, diese Verunsicherung nun für eine weitere Debatte über die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zu instrumentalisieren."

Auch der Linke-Politiker Jan Korte erklärte am Samstag: "Die Vorratsdatenspeicherung ist tot." Nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs gebe es keinen Spielraum mehr für irgendeine Form der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung. "Sie ist unverhältnismäßig, unbrauchbar und unvereinbar mit Grundrechten."

Der Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Ulrich Schellenberg, lehnte die Vorratsdatenspeicherung ebenfalls ab. Schon heute könnten die Sicherheitsbehörden "auch mit einer niedrigschwelligen Verdachtsgrenze" Telefon- und Internetverbindungen überwachen, sagte er dem Sender SWR.

Die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung ist nach den Anschlägen von Paris neu entbrannt. Der Begriff steht für die systematische Speicherung von Telefon- und Internetdaten der Bürger zur Terrorabwehr. Gespeichert wird nur, wer wann mit wem telefoniert oder E-Mails austauscht - die Inhalte werden nicht erfasst.

Der Europäische Gerichtshof hatte eine entsprechende Regelung in der EU 2014 gekippt. Das Bundesverfassungsgericht hatte die deutschen Vorgaben 2010 verworfen. Die damalige schwarz-gelbe Regierung konnte sich danach nicht auf eine Neufassung einigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich am Donnerstag im Bundestag für eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff wies in der "Passauer Neuen Presse" (Samstag) darauf hin, dass beide Gerichte das Instrument nicht grundsätzlich verworfen, sondern unter sehr strenge Bedingungen gestellt hätten. "Ich habe starke Zweifel, ob diese strengen Vorgaben aber noch dem Ziel der Sicherheitsbehörden gerecht werden." Voßhoff plädierte dafür, erst die bestehenden Instrumente zur Terrorabwehr auf ihre Effizienz zu überprüfen. "Bei allen Maßnahmen sollte zudem die Datenschutzaufsicht immer stark eingebunden werden."

(REU)
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