Wahl des Bundestagsvizepräsidenten AfD will Glaser notfalls mehrfach antreten lassen

Berlin · Der Eklat könnte am Dienstag im Bundestag mit Ansage kommen: Die AfD will ihren umstrittenen Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten notfalls mehrfach antreten lassen.

 Albrecht Glaser (Archivbild).

Albrecht Glaser (Archivbild).

Foto: dpa, fis

"Wir halten an Herrn Glaser fest", sagte Fraktionschef Alexander Gauland der "Bild am Sonntag". "Sollte er im ersten Wahlgang scheitern, werden wir ihn erneut aufstellen." Albrecht Glaser vertrete Positionen zum Islam, "die wir alle in der AfD vertreten", betonte Gauland.

Glaser steht in der Kritik wegen Aussagen, in denen er die Religionsfreiheit für Muslime in Abrede gestellt hatte. Der 75-Jährige hatte den Islam in verschiedenen Interviews als politische Ideologie bezeichnet, die die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht für sich in Anspruch nehmen könne. Die AfD-Bundestagsfraktion hatte sich Anfang Oktober in einer Erklärung demonstrativ hinter Glaser gestellt.

Die stellvertretenden Bundestagspräsidenten werden in der konstituierenden Sitzung des Parlaments am Dienstag gewählt. Jeder Fraktion steht nach der Geschäftsordnung mindestens ein Vizeposten zu. Da der Bundestagspräsident und seine Stellvertreter von allen Abgeordneten mehrheitlich gewählt werden muss, ist die Wahl Glasers unsicher.

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles forderte von Glaser eine Stellungnahme zu seinen umstrittenen Islamzitaten. "Wir werden niemanden wählen, der die Werte unseres Grundgesetzes nicht achtet", sagte Nahles der "Bild am Sonntag". Sie habe einen Brief an Glaser geschrieben mit der Frage, ob er immer noch zu seinen Aussagen stehe. "Bislang hat er nicht geantwortet", sagte die SPD-Politikerin.

Es sei "sehr befremdlich", wenn sich ein Abgeordneter, der als Vizepräsident den gesamten Bundestag repräsentieren solle, den Fragen anderer Fraktionen bereits im Vorfeld verweigere. "Das widerspricht allen Regeln eines Parlaments", sagte Nahles.

Glaser war jahrzehntelang CDU-Mitglied

Glaser war jahrzehntelang in der CDU, heute steht er für den islamfeindlichen Kurs in seiner neuen politischen Heimat AfD. Der am 8. Januar 1942 in Worms geborene Jurist besaß nach eigenen Angaben mehr als 40 Jahre ein Parteibuch der Christdemokraten. Er war von 1995 bis 2002 Stadtrat und Stadtkämmerer in Frankfurt am Main.

Schlagzeilen machte der langjährige Kommunalpolitiker, weil er Berichten zufolge in seiner Zeit als Kämmerer rund 100 Millionen Euro der Stadt in Fonds angelegt hatte, die später Verluste eingefahren haben sollen. Als das öffentlich bekannt wurde, war Glaser aber schon nicht mehr für die Frankfurter Finanzen verantwortlich, sondern Geschäftsführer einer Wohnungsbaugesellschaft.

Im Jahr 2013 gehörte Glaser zu den Gründungsmitgliedern der AfD, er wurde Bundes-Vize und hessischer Landeschef der Partei. Einfluss erlangte er vor allem als Vorsitzender der AfD-Bundesprogrammkommission. Seine Partei stellte ihn zudem als Kandidat für die Wahl des Bundespräsidenten im vergangenen Februar auf, wo er aber chancenlos war.

(felt)
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