Landtagswahl in Baden-Württemberg Guido Wolf — Merkels verkrampfter Kandidat

Freiburg · Der CDU-Politiker Guido Wolf will am 13. März Ministerpräsident von Baden-Württemberg werden. Dabei steht er sich immer wieder selbst im Weg.

 Guido Wolf und Angela Merkel bei einer Wahlkampfveranstaltung.

Guido Wolf und Angela Merkel bei einer Wahlkampfveranstaltung.

Foto: dpa, ua htf bwe

Es kann nicht am starken Beifall liegen, dass der Kandidat so gar nicht lächeln mag. Im Kaisersaal des Historischen Kaufhauses in Freiburg feiert die CDU Südbaden den Spitzenkandidaten. Viele sind gekommen, die in dieser Partei etwas zu sagen hatten oder noch haben: der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel, Unionsfraktionschef Volker Kauder, CDU-Landeschef Thomas Strobl, ehemalige Minister und Staatssekretäre.

Sie alle beklatschen Wolf. Der steht von seinem Stuhl in der ersten Reihe auf und winkt mit zusammengepressten Lippen ins Publikum. Was die wenigsten wissen: Am nächsten Tag wird er mit der rheinland-pfälzischen Spitzenkandidatin Julia Klöckner die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin kritisieren und sie auffordern, sich der Umarmung durch Winfried Kretschmann zu entziehen. Denn der grüne Ministerpräsident ist sein Gegner und dessen Schmusekurs mit der Kanzlerin ein cleverer Schachzug.

Ein Jurist aus Oberschwaben

"Der Druck, unter dem er steht, ist immens", sagt einer, der Wolf gut kennt. Guido Wolf weiß, dass nach einer nicht zufriedenstellenden Wahl Schuldige gesucht würden. Er weiß auch, dass er die sinkenden Umfragewerte der CDU im Land nicht allein der Kanzlerin und ihrer Flüchtlingspolitik ankreiden kann.

Wolf ist 54 Jahre alt, ein Jurist aus Oberschwaben. Er war Bürgermeister und Landrat, später Landtagspräsident. Seit seiner Nominierung weiß er, was es bedeutet, im Lichte der Öffentlichkeit zu stehen, kritisch von den Medien gemustert und vom Wahlvolk, das gern wüsste, wo es langgehen soll. Wolf hat wenig Erfahrung als Wahlkämpfer und im Umgang mit Beratern.

Er kann witzig sein, auch höchst unterhaltsame Reden halten. Er hat sich coachen lassen, ist selbstsicherer geworden und hat nun ein dickeres Fell. Trotzdem scheint er vor größeren Menschenansammlungen Respekt zu haben. Sobald Kameras angehen, wird er angriffslustig. Vor einem Jahr, beim Spatenstich für das Daimler-Testzentrum Immendingen, griff er Kretschmann so unvermittelt an, dass auch Nahestehende an seiner guten Kinderstube zweifelten. Demonstrativ laut und ironisch begrüßte Wolf den Kontrahenten in "seinem" Wahlkreis. Dann erklärte er in belehrendem Ton, wie gut es doch sei, dass Kretschmann seine Einstellung zur Automobilindustrie endlich geändert habe, sprich, dass auch der Grüne gemerkt habe, dass das Auto nichts Schlechtes ist. Allerdings kann die Autoindustrie mittlerweile ganz gut mit den Grünen leben.

Nie wirklich hinter die Kanzlerin gestellt

Das Flüchtlingsthema fasst Wolf mit spitzen Fingern an. Er hat sich nie wirklich hinter die Kanzlerin gestellt. Die Menschen schätzen es, wenn einer klare Kante zeigt, egal ob er recht hat oder nicht. Dass aber Wolf sich nie zur großen Vorsitzenden bekannt hat, könnte sich im Nachhinein als sein größter Fehler entpuppen. Dass er sich zwei Wochen vor der Wahl Scharmützel mit der Bundes-CDU liefert, macht ihn noch nicht zum bewunderten Rebellen. Es scheint vergeblich, sich mit Kritik an einem Gegner zu profilieren, der trotz aller Schwächen ungemein populär ist. Dann entsteht schnell der - falsche - Eindruck, dem Kandidaten fehle es an Tiefe.

Auf dem CDU-Bundesparteitag in Karlsruhe wollte Wolf alles richtig machen. Er hielt eine kämpferische Rede, in der Grün-Rot zur "historischen Episode" erklärt wurde. Die Kanzlerin bekam einen riesigen Wolf als Plüschtier. Aber er verärgerte sie auch, denn er machte sich über Kretschmann als "Kanzlerinversteher" lustig. Das wirkte ein wenig so, als ob der entfremdete Sohn um die Aufmerksamkeit der Mutter buhlt. Die wiederum schätzt Folgsamkeit und gute Ideen. Und sie achtet genau darauf, wer sie in Wort und Tat unterstützt und wer nicht.

Eine Zeitung bezeichnete ihn als "beamtenhaft"

Die "Neue Zürcher Zeitung" fand für Wolf kürzlich das Attribut "beamtenhaft". Das war nicht freundlich gemeint. Aber noch so mancher Kandidat ist im Amt lockerer geworden. In Freiburg erzählt Wolf von seinem Vater, der bald 95 wird. Er berichtet von einem Erlebnis als Student an der Uni Konstanz, als der damalige Ministerpräsident Lothar Späth von linken Studenten am Reden gehindert wurde. Wolf schimpft auf Rechtsradikale und Populisten und hält ein flammendes Plädoyer für Europa. Da zeigt er, dass auch er Ideale hat, dass es auch Geschichte ist, die ihn geprägt hat.

Das sind die Momente, in denen sie plötzlich da ist, die Nachdenklichkeit des Guido Wolf.

(RP)
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