Wahl in Niedersachsen SPD schließt Aufholjagd als Siegerin ab

Hannover · Die Niedersachsen haben am Sonntag einen neuen Landtag gewählt. Die SPD hat Hochrechnungen zufolge die Wahl klar gewonnen. Die Grünen verlieren massiv und die AfD schafft den Sprung in den Landtag.

Wahl in Niedersachsen 2017: Reaktionen auf das Ergebnis
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Reaktionen auf die Wahl in Niedersachen

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Foto: dpa, jol

Laut ARD-Hochrechnung von 21.53 Uhr verpassen SPD und Grüne knapp die Mehrheit in Niedersachsen. In der ARD hieß es am Sonntagabend, es sei "unwahrscheinlich geworden, dass es am Ende für Rot-Grün reicht". 72 von 87 Wahlkreisen waren da ausgezählt. Auch laut ZDF hat das seit vier Jahren regierende Bündnis die absolute Mehrheit "höchstwahrscheinlich verfehlt".

Die SPD von Ministerpräsident Stephan Weil kommt demnach auf 37 Prozent und verweist damit die CDU klar auf Platz zwei. Die Union landet bei 33,8 Prozent. Die bisher mitregierenden Grünen mussten schwere Einbußen hinnehmen und liegen bei 8,8 Prozent. Deshalb steht die Fortsetzung der rot-grünen Koalition auf der Kippe. Die FDP erhält 7,4 Prozent. Die AfD schafft mit 6,1 Prozent den Sprung in den Landtag in Hannover. Die Linke verpasst ihn mit 4,6 Prozent.

"Das ist ein großer Abend für die niedersächsische SPD", sagt Ministerpräsident Stephan Weil. Erstmals seit 1998 könne die SPD wieder stärkste Fraktion im Landtag werden. Angesichts knapper Mehrheiten warnt er: "Auch heute könnte es wieder ein langer Wahlabend werden."

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz feiert den Wahlerfolg. "Das ist ein großartiger Sieg für die niedersächsische SPD", twittert Schulz und richtet an die Adresse von Wahlsieger Stephan Weil: "Lieber Stephan, was du in den letzten Wochen geleistet hast, ist ohne Vorbild!"

SPD-Vizechef Ralf Stegner sieht den Parteivorsitzenden Martin Schulz mit dem Sieg in Niedersachsen gestärkt. "Martin Schulz führt die Partei und er führt sie glaube ich wirklich großartig", sagt Stegner im ZDF. "Und er wird den Erneuerungsprozess jetzt auch einleiten in Richtung einer linken Volkspartei, die sich deutlich gegen die Union stellt." Die Wahl in Niedersachsen haben gezeigt, wenn man klare Alternativen habe, würden die Rechten schwach.

Regierungsbildung könnte schwierig werden

Sollte es nicht für Rot-Grün reichen, steht in dem zweitgrößten deutschen Flächenland eine schwierige Regierungsbildung bevor. Denkbar wären eine große Koalition aus SPD und CDU, ein Ampel-Bündnis von SPD, FDP und Grünen sowie eine Jamaika-Koalition. Über ein solches Bündnis von CDU, FDP und Grünen im Bund verhandelt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab Mitte dieser Woche in Berlin.

Weil will mit allen Landtagsparteien außer der AfD über mögliche Koalitionen sprechen. "Was die SPD angeht, kann ich sagen, dass wir mit Ausnahme der AfD mit allen im Landtag vertretenen Parteien sehr in Ruhe darüber reden werden, wie wir schnell zu einer handlungsfähigen Regierung gelangen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Allerdings hat die FDP einer Ampelkoalition bereits am Sonntagabend eine Absage erteilt. Sowohl FDP-Landeschef Birkner als auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki äußerten sich dementsprechend. FDP-Chef Christian Lindner verteidigt die Absage seiner Partei an eine Ampel-Koalition. In dem Bundesland gebe es keine "sozialliberale Tradition", sagte Lindner am Sonntagabend in Berlin. Zudem wäre die FDP hier in einer Ampel der kleinere Partner. Und so könne man nicht glaubwürdig einen "Politikwechsel" erreichen.

Die Neuwahl wurde nötig, weil die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten Anfang August von den Grünen zur CDU gewechselt war. Die seit 2013 regierende rot-grüne Koalition verlor damit ihre Ein-Stimmen-Mehrheit. Die Wahl war ursprünglich im Januar 2018 geplant.

Für die SPD bedeutet das Ergebnis einen Riesenerfolg zum Ende des Superwahljahres. Neben der Bundestagswahl (20,5 Prozent) hat die Partei in diesem Jahr auch alle drei bisherigen Landtagswahlen verloren. Ihren letzten Erfolg erzielten die Sozialdemokraten bei der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses im September 2016, allerdings mit großen Verlusten. Nun können sie zum ersten Mal seit der Wahl in Rheinland-Pfalz im März 2016 prozentual wieder zulegen.

Auftrieb für Schulz?

Die Wahl könnte auch SPD-Chef Martin Schulz Auftrieb geben, der sich trotz seiner gescheiterten Kanzlerkandidatur im Dezember zur Wiederwahl stellen will. Er hatte unmittelbar nach der Bundestagswahl angekündigt, die SPD in die Opposition zu führen.

Großer Verlierer sind die CDU und Herausforderer Althusmann. Das Ergebnis dürfte auch die Jamaika-Verhandlungen für Kanzlerin Merkel nicht einfachen machen. In Niedersachsen hatte die CDU Mitte August in Umfragen noch bei rund 40 Prozent gelegen, ein Erfolg galt als sicher. Gründe für die Verluste könnten das schlechte Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl sein, aber auch der Wechsel der Grünen-Abgeordneten Twesten zur CDU, der von SPD und Grünen als Intrige angesehen wird. Zudem sind die Beliebtheitswerte von Weil weitaus höher als die Althusmanns.

Die AfD schafft knapp den Sprung in den Landtag und ist damit nun in 14 von 16 Landesparlamenten vertreten. Ein Grund für das vergleichsweise schwache Ergebnis dürften auch die andauernden Querelen im Landesverband gewesen sein. Beherrschend im Wahlkampf waren vor allem regionale Themen wie die Schul- und Agrarpolitik. Zur Wahl waren 6,1 Millionen Menschen aufgerufen.

(felt)
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