Sieg bei der Landtagswahl im Saarland "AKK" verleiht der CDU neuen Glanz

Berlin · Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Landtagswahl im Saarland klar gewonnen. Die Ministerpräsidentin wird nicht erst seit Sonntagabend als mögliche Merkel-Nachfolgerin gehandelt.

 Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Ministerpräsidentin im Saarland, am Montag in Berlin vor der Sitzung des Partei-Bundesvorstands.

Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Ministerpräsidentin im Saarland, am Montag in Berlin vor der Sitzung des Partei-Bundesvorstands.

Foto: dpa, mkx wst

Wenn sich Kanzlerin Angela Merkel und die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer mal so richtig freuen, dann geht das so: Die eine nennt den 40-Prozent-Erfolg der CDU im Saarland ein "ausgezeichnetes Ergebnis", die andere findet, dass dieser Wahlsonntag ein "besonders schöner Tag" gewesen sei. Danach kommen beide auf die schwierige finanzielle Lage des Saarlands zu sprechen und wie diese zu bewältigen sei. Da verstehen sich zwei wirklich gut.

Kramp-Karrenbauer gilt als Merkel von der Saar oder auch als Mini-Merkel, weil sie einen ebenso nüchternen, effizienten und sachorientierten Politik-Stil pflegt. Bislang war es eher Getuschel, dass die Saar-Ministerpräsidentin eines Tages Merkel als CDU-Chefin und möglicherweise Kanzlerin beerben könne. Schließlich regiert sie weniger Menschen als manch ein Landrat. Mit dem überraschend starken Ergebnis rückt die Frau, über deren Nachnamen auch geübte TV-Moderatoren stolpern, in den Fokus.

"Es gibt keine Aufgabe, die man Annegret nicht anvertrauen kann"

Doch wer ist "AKK", die beim Sprechen den Kopf meistens ein wenig schief hält, als sei sie sich nicht ganz schlüssig, derweil ihre Analysen grundsätzlich ins Schwarze zielen? Ihr Mentor und Vorgänger in der saarländischen Staatskanzlei, Peter Müller, sagte über sie: "Es gibt keine Aufgabe, die man Annegret nicht anvertrauen kann." Bevor sie 2011 Ministerpräsidentin im Saarland wurde, hatte sie bei Müller vom Innen- bis zum Kultusressort Regierungserfahrung gesammelt.

Die 54-Jährige entstammt einem konservativ-katholischen Elternhaus. Sie hat fünf Geschwister, der Vater war Lehrer, die Mutter Hausfrau. Sie selbst heiratet mit 22 Jahren und bekommt drei Kinder. Die klassische Hausfrauenrolle liegt der studierten Rechts- und Politikwissenschaftlerin aber nicht. Mit ihrem Mann vereinbart sie, dass sich derjenige in der Beziehung um die Kindererziehung kümmert, der weniger verdient. Helmut Karrenbauer, ein Bergbauingenieur, der selbst noch unter Tage gearbeitet hat, erweist sich beruflich als weniger ehrgeizig als seine Frau. Er löst seinen Teil der Abmachung ein, kümmert sich um Kinder und Haushalt. So hat sie den Rücken frei für ihren politischen Aufstieg.

Von Peter Müller erbt sie die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen, die sich in der Praxis als nicht steuerbar erweist. Kramp-Karrenbauer zeigt Mumm: Gegen den Rat der Kanzlerin lässt sie das fragile Bündnis Anfang 2012 platzen, setzt Neuwahlen an, gewinnt und regiert gestärkt mit einer großen Koalition weiter, die sie nun neu auflegen kann. Mit ihrer Mischung aus Kaltschnäuzigkeit und Warmherzigkeit ist sie als Machtpolitikerin und Landesmutter gleichermaßen erfolgreich. "Dass ich den Mut hatte, auch persönlich voll ins Risiko zu gehen, das hat mich stärker und selbstbewusster gemacht", sagte sie mal rückblickend über den Machtkampf an der Saar.

Im Karneval als Putzfrau mit breitem Dialekt

Wenn Kramp-Karrenbauer auf dem Berliner Parkett die Details des Bund-Länder-Finanzausgleichs sorgfältig ausbreitet, sollte man nicht meinen, dass diese Frau auch richtig aus sich herauskommen kann. Im Karneval im Saarland tritt sie regelmäßig als Putzfrau mit breitem Dialekt auf. In diesem Jahr erzählte sie - gestützt auf den Schrubber - von einer missglückten saarländischen Verschwörung, die eine gewisse Kramp-Karrenbauer ins Schloss Bellevue befördern sollte. Da applaudiert dann sogar die politische Konkurrenz im Saal.

Die Politiker im Saarland stehen traditionell etwas weiter links als ihre Zentralen in Berlin. Auf "AKK" trifft das auch zu. In sozialpolitischen Fragen zählt sie zum Arbeitnehmerflügel. Die Entscheidung der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung für eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken nannte sie damals einen Fehler und stellte sich gegen Merkel. Am Ende behielt sie recht. Nach der Katastrophe von Fukushima beschleunigte die Bundesregierung den Atomausstieg wieder.

Die Saarländerin tickt in einigen Fragen aber auch klar konservativ. Die von SPD und Grünen geforderte "Ehe für alle" geht ihr zu weit. 2015 verwies sie darauf, dass die Ehe eine Gemeinschaft von Mann und Frau sei. "Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen." Mit diesem Hinweis löste sie eine riesige Empörungswelle aus. Der politische Gegner warf ihr Homophobie vor und dass sie Homosexualität mit Inzest vergleiche. Kramp-Karrenbauer hat diese Äußerung in ihrer Schärfe nie wiederholt. Zurückgenommen hat sie ihre Worte aber auch nicht.

Selbstverständlich betonte Kramp-Karrenbauer im Wahlkampf, dass sie im Saarland Regierungschefin sein und bleiben möchte. Auch die Reporterfragen nach einer Merkel-Nachfolge am Sonntagabend beschied sie entsprechend. Geschickt vermied sie es bislang, einen solchen Wechsel kategorisch auszuschließen, wie einst NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Vielmehr erklärt sie gerne, dass ja mit Peter Altmaier bereits ein Saarländer am Kabinettstisch sitze. Ein Nein klingt anders.

Sollte sie es wagen, droht ihr nicht das Schicksal mancher Landespolitiker, für die das Berliner Parkett zu glatt war. "AKK" ist bestens vernetzt in der Hauptstadt, im Adenauer- Haus, bei der Frauenunion und in der CDU-Arbeitnehmerschaft. Eine Machtbasis jedenfalls hätte diese auffällig unauffällige Frau.

(qua)
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