Länder stellen Ansprüche Johanna Wanka geht mit einer Bürde ins neue Amt

Berlin · Die Länder erwarten, dass die neue Bundesbildungsministerin Johanna Wanka im Rahmen des Hochschulpakts bis zu vier Milliarden Euro zusätzlich an die Länder vergibt.

 Johanna Wanka mit ihrer Vorgängerin Annette Schavan.

Johanna Wanka mit ihrer Vorgängerin Annette Schavan.

Foto: dpa, Rainer Jensen

Was ein Perspektivwechsel ist, kann man in der Bildungspolitik anschaulich erklären. Denn der Aufstieg von der Landesministerin zur Bundesministerin bringt auch die Not mit sich, dass die Amtsträgerin in vielen Fragen im neuen Amt das Gegenteil ihrer alten Forderungen und Überzeugungen vertreten muss.

Das war Annette Schavan so ergangen, als sie 2005 von Baden-Württemberg nach Berlin wechselte. Dies steht nun auch ihrer Nachfolgerin Johanna Wanka mit ihrem Umzug von Hannover in die Bundeshauptstadt bevor.

Als schwere Bürde kann sich für Wanka die Frage des Hochschulpakts erweisen. Dieser läuft seit 2007 und sorgt dafür, dass der Bund die Länder bei der Finanzierung neuer Studienplätze unterstützt. Zunächst ging es darum, mehr jungen Menschen eines Jahrgangs ein Studium zu ermöglichen. Mittlerweile sind die Gelder der Bundesebene dringend notwendig, damit die Hochschulen den Andrang doppelter Jahrgänge aufgrund der verkürzten Zeiten zum Abitur bewältigen können. Der Hochschulpakt wurde immer wieder fortgeschrieben und läuft nach bisherigen Planungen bis 2020.

Die Länder fordern allerdings in seltener Einmütigkeit einen Nachschlag, der je nach Entwicklung der Studienanfängerzahlen zwischen 1,9 und 3,4 Milliarden Euro liegen soll. Johanna Wanka vertrat als niedersächsische Wissenschaftsministerin auch diese Forderung.

Wanka wird am Donnerstag ihre Ernennungsurkunde zur Bundesministerin erhalten. Ab diesem Moment wird sie sich mit ihren eigenen alten Forderungen auseinandersetzen müssen. "Ich erwarte in der Tat, dass sich Berlin in dieser Angelegenheit schnell und deutlich bewegt", sagte NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD). "Allerdings nicht wegen des Personalwechsels, sondern weil das Thema doppelter Abiturjahrgang keinen Aufschub mehr duldet", betonte sie. "Es wäre nur logisch, wenn in dem Maße aufgestockt wird, wie sich die Studierendenzahlen entwickeln."

Ein Sprecher der baden-württembergischen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) erklärte: "Wir sind optimistisch, dass mit Frau Wanka nun eine rasche Einigung im Bereich des Hochschulpakts möglich wird." Als ehemalige Landesministerin kenne sie die Nöte der Hochschulen sehr genau. "Wir sind deshalb sicher, dass wir zügig eine Anhebung des Finanzierungsdeckels erreichen, die den gestiegenen Studierendenzahlen Rechnung trägt." Für Wanka wird es allerdings kaum möglich sein, angesichts des Spardrucks im Bundeshaushalt für die Unis ein paar Milliarden lockerzumachen.

Auch Schavan sah nach ihrem Wechsel von der Landes- in die Bundespolitik buchstäblich viele Dinge von der anderen Seite. So tüftelte sie als Landesministerin mit am Kooperationsverbot, das es dem Bund untersagt, sich durch die Verteilung von Finanzmitteln in die Bildungspolitik der Länder einzumischen. Im Amt der Bundesbildungsministerin kam sie zu der Einsicht, dass das Kooperationsverbot schlicht ein Fehler war. Sie brachte ein Gesetz auf den Weg, das wiederum die Regelung aufweicht. Noch hängt es allerdings zwischen den gesetzgeberischen Fronten von Union und SPD fest. Auch daran wird Wanka weiterarbeiten müssen.

Wanka hat bis zur Bundestagswahl nur noch knapp acht Monate Zeit, eigene Pflöcke einzuschlagen. Ihrem Temperament kommt der Zeitdruck entgegen: Die Mathemamtikerin gilt als ehrgeizig und entscheidungsfreudig.

(qua)
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