SPD-Parteitag Warum das Kanzleramt für die SPD so fern liegt

Meinung | Berlin · Der SPD-Parteitag ist zu Ende. Zurück bleibt eine Partei, die in schwierigen Zeiten Unsicherheit und Nerven gezeigt hat und ihren Parteichef mit einem miserablen Ergebnis in den nächsten Bundestagswahlkampf schickt.

 Sigmar Gabriel beim Parteitag der SPD: Er wurde mit 74.3 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Sigmar Gabriel beim Parteitag der SPD: Er wurde mit 74.3 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Foto: dpa, mkx tmk

2015 wird als der Parteitag in die Geschichte eingehen, bei dem die SPD ohne Not ihren eigenen Vorsitzenden demontiert hat. Das war ein Akt der Irrationalität. Zugegeben: Gabriels Rede war nicht die beste. Er versäumte es, sich konstruktiv von Merkel abzusetzen. Es fehlte eine Alternative zu der auf Sicht fahrenden Kanzlerin, mit welcher Strategie Deutschland die Flüchtlingskrise und den Terror langfristig und strategisch angehen sollte. Die Rede war aber auch nicht schlecht. Gabriel unternahm den richtigen Versuch, seine Partei vorsichtig auf einen politischen Mitte-Kurs zu führen, wohlwissend, das man nur auf dieser Spur ins Kanzleramt kommt.

Der Parteitag offenbarte aber auch schonungslos, dass es nicht nur die 25 Prozent in den Umfragewerten sind, warum für die SPD das Kanzleramt so fern liegt. Vielmehr fehlt in der Führung der Partei der Zusammenhalt. Warum muss Gabriel sich selbst gegen eine Juso-Chefin verteidigen? Muss er sich überhaupt wehren, wenn er nach den üblichen Ritualen vom Parteinachwuchs diskreditiert wird? Und wenn ja, warum geht dann nicht jemand anderes für ihn in die Bütt - Steinmeier oder Oppermann? Klassischerweise wäre dafür die Generalsekretärin zuständig. Aber die war bisher Teil des mangelnden Teamgedankens in der SPD-Führung.

Gabriels Wahlergebnis von 74,3 Prozent war wahrscheinlich ehrlich. Ein Viertel der Sozialdemokraten ist nun einmal gegen Vorratsdatenspeicherung, TTIP und einen ökonomisch leistungsfreundlichen Kurs. Dennoch entspricht es eher dem Verhalten einer Oppositionspartei denn einer Partei, die ins Kanzleramt einziehen möchte. Mit diesem Ergebnis muss Gabriel nun in den Bundestagswahlkampf 2017 ziehen. Zum kleinen Einmaleins der Politik gehört aber dazu, dass man das Vertrauen der Wähler nicht gewinnen kann, wenn noch nicht einmal die eigene Partei ihrem Chef vertraut.

Gabriel ist das alles bewusst, daher redete er seiner Partei am letzten Tag des Delegierten-Treffens auch noch einmal ins Gewissen. "Wenn man regieren will, muss man die Bedingungen von Regieren kennen", sagte er in der TTIP-Debatte. Zugleich warnte er vor Rigorismus in seiner Partei. Die noch größere Gefahr für die SPD aber ist die mangelnde Aufbruchstimmung und die Lust an der Selbstzerstörung.

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