Rückzug aus dem Bundestag Warum wir Wolfgang Bosbach vermissen werden

Berlin · Im Handbuch des deutschen Bundestags hat Wolfgang Bosbach sechs Sternchen. Das heißt, er sitzt seit fast einem Vierteljahrhundert im Parlament. Nun will der eloquente Jurist aus Bergisch Gladbach nicht noch einmal antreten. Für seine Partei ist er unbequem. Die Bürger werden ihn vermissen – fünf Gründe warum.

Die denkwürdigsten Auftritte von Wolfgang Bosbach
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Foto: RTL

Im Handbuch des deutschen Bundestags hat Wolfgang Bosbach sechs Sternchen. Das heißt, er sitzt seit fast einem Vierteljahrhundert im Parlament. Nun will der eloquente Jurist aus Bergisch Gladbach nicht noch einmal antreten. Für seine Partei ist er unbequem. Die Bürger werden ihn vermissen — fünf Gründe warum.

  1. Klare Aussprache — Es gibt kaum einen Politiker in Deutschland, der auch komplizierte Sachverhalte so klar, eingängig und pointiert formulieren kann wie Wolfgang Bosbach. Er hat das Talent, fürs Volk zu formulieren, ohne dabei im Stil der Rechtspopulisten einfache Antworten zu geben. Als Euro-Rebell, der sich gegen den Rettungsschirm für die gemeinsame Währung stellte, und als leidenschaftlicher Verfechter eines starken Staats im Dienste der inneren Sicherheit wusste er seine Positionen immer geschickt zu begründen. In der Merkel-Ära ist er oft als alleiniger und einsamer Vertreter des rechten Flügels der CDU wahrgenommen worden. Auch der Partei wird diese Stimme fehlen.
  2. Authentizität — Politikern wird oft zu Recht vorgeworfen, dass sie ihr Fähnlein nach dem Winde hängen, um attraktive Posten zu bekommen. Das macht Bosbach nicht. Er hätte das Zeug zum Minister gehabt, wurde es aber nicht, weil er zu unbequem ist. So bekam er zuletzt nur den Vorsitz des Innenausschusses, den er vor gut einem Jahr aber auch niederlegte, weil er die Kämpfe um seine Positionen nicht mehr in dieser Form austragen wollte. Unserer Redaktion sagte er damals: "Ich will nicht immer die Kuh sein, die quer im Stall steht."
  3. Optimismus — Aus Bergisch Gladbach stammend hinterlässt Bosbach in Berlin stets den Eindruck einer rheinischen Frohnatur. Genauso gut wie er Fragen der inneren Sicherheit erläutert, kann er Anekdoten erzählen und auch über sich selbst lachen. Mit seinen schweren Krankheiten, seiner Herzschwäche und dem Prostatakrebs, ist er immer offen umgegangen. Gleichgültig, ob ihm politische Gegner oder seine tückischen Krankheiten zusetzten, mit einer optimistischen Grundhaltung streitet er bislang für das, was er für richtig hält.
  4. Ansprechbarkeit — Bosbach gehört zu den Politikern, für den der Besuch einer Karnevalsveranstaltung, eines 80. Geburtstages oder eines Feuerwehrfestes keine Pflichtübung ist. Im Gegenteil: "Ich mache das einfach gerne", sagte er oft. Auf diesen Veranstaltungen hört er sich an, was die Leute denken. Auch für Journalisten ist er immer erreichbar. Selbst im Urlaub hat er sein Mobil-Telefon bei sich und ist in Krisensituationen meistens der Erste, der sprechfähig ist.
  5. Talkshowpräsenz — Bosbach führt nicht nur die Liste der am häufigsten in Talkshows vertretenen Politiker an. Er steht auch an der Spitze, wenn es darum geht, wer am häufigsten Ziel von Spott über Politiker in Talkshows ist. Dennoch werden wir ihn im Fernsehen vermissen, wo er bislang stets sonnengebräunt und mit bunten Hosen die perfekte Mischung aus dem Erklären von Politik und Unterhaltung bietet.
(qua)
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