Gedeckelte Mieten und gekappte Mieterrechte Was die Mietrechtsreform bedeutet

Berlin · Wohnraum in Deutschland ist knapp, die Mieten steigen teils erheblich. Schon seit Wochen warnt etwa der Mieterbund vor den Folgen. Nun hat die schwarz-gelbe Regierung Mietrechtsänderungen beschlossen – und erntet massiv Kritik. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Zehn wichtige Fakten aus dem Immobilienbericht 2012
Infos

Zehn wichtige Fakten aus dem Immobilienbericht 2012

Infos
Foto: dpa, Nicolas Armer

Wohnraum in Deutschland ist knapp, die Mieten steigen teils erheblich. Schon seit Wochen warnt etwa der Mieterbund vor den Folgen. Nun hat die schwarz-gelbe Regierung Mietrechtsänderungen beschlossen — und erntet massiv Kritik. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Welche Änderungen sind in der Mietrechtsreform beinhaltet?

Da geht es zum einen um die eingeschränkte Mietminderung bei der energetischen Gebäudesanierung. Ein Mieter darf bei solchen Maßnahmen erst nach einem Zeitraum von drei Monaten die Miete kürzen. Bei energetischen Sanierung sind das oft zwischen zehn und 20 Prozent des Preises. Erhalten bleiben soll das alte Recht, wenn die Bauarbeiten eine Wohnung zeitweilig unbenutzbar machen.

Was will die Bundesregierung damit erreichen?

Es hängt mit dem Großprojekt Energiewende zusammen. Mit dem gewünschten Steuerbonus für die energetische Gebäudesanierung war Schwarz-Gelb im Bundesrat gescheitert. Durch die Mietrechtsreform soll nun ebenfalls diese Art der Sanierung vorangebracht werden. Die Regierung argumentiert, dass die Mieter letzlich auch etwas davon hätten — nämlich sinkende Nebenkosten.

Teilen Opposition und Interessenverbände diese Ansicht?

Nein, es hagelt Kritik, da hierbei Mieterrechte gekappt werden. Der Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, nannte diesen Punkt in der "Passauer Neuen Presse" etwa einen der "Giftzähne dieses Gesetzes", die im Interesse der Mieter eigentlich noch hätten gezogen werden müssen. Von der Opposition hieß es, so werde es keinen neuen Schub für die energetische Sanierung geben, sondern höchstens eine Verdrängung sozialschwacher Mieter.

Was wird noch geändert?

Der zweite Punkt betrifft die Erleichterung von Zwangsräumungen. Damit soll es Vermietern erleichtert werden, gegen Mietnomaden vorzugehen. Demnach kann die fristlose Kündigung ohne Abmahnung geschehen — und zwar nicht nur bei Mietzahlungsverzug, sondern auch, wenn die Kaution nicht pünktlich gezahlt wird.

Gibt es auch hier Kritik?

Ja. Die SPD hält ohnehin die gesamte Reform für verfassungsrechtlich bedenklich. Hinsichtlich der Zwangsräumungen sagte die Rechtsexpertin der Christine Lambrecht, in der "Augsburger Allgemeinen": "Der Mieterschutz für viele Millionen von unbescholtenen Mietern schwere Nachteile bringen. Mieter könnten so ihre Wohnung verlieren, "ohne dass überhaupt gerichtlich entschieden ist, ob die Kündigung und die Räumung gerechtfertigt ist".

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte im "Hamburger Abendblatt", dass auch bei nicht gezahlter Mietkaution gekündigt werden könnte. Dies könne auch ganz normale Mieter treffen, sagte die Politikerin. Lob kommt dagegen vom Verband Haus & Grund, der glaubt, dass die Neuregelung Vermieter besser vor den wirtschaftlichen Nachteilen schütze, falls er Probleme mit Mietnomaden habe. Bislang standen oft monatelang Mieten aus, bevor ein Vermieter eine solche Wohnung räumen konnte. Und meist bleibt er dann auch auf den Kosten für eine aufwändige Sanierung der Wohnung sitzen.

Was unternimmt Schwarz-Gelb gegen die steigenden Mietkosten?

Laut der Mietrechtsreform dürfen ab dem kommenden Jahr bestimmte Mieten nicht mehr so stark erhöht werden wie bislang. Bislang konnten Vermieter alle drei Jahre die Miete um 20 Prozent erhöhen. Jetzt soll die Deckelung nur noch bei maximal 15 Prozent liegen. Allerdings gilt das nur für attraktive Städte und Stadtteile, die vorher vom jeweiligen Bundesland festgelegt werden.

Wie wird die Deckelung der Mietkosten aufgenommen?

Schwarz-Gelb hatte diese Änderung quasi in letzter Minute mit in die Reform aufgenommen. Und spricht bereits der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen von einem "Schnellschuss". Die Mietpreise würden so zu einem "politischen Spielball". Lukas Siebenkötter vom Mieterbund bemängelte in der "Passauer Neuen Presse", dass die Deckelung nur auf bestehende Mietverhältnisse zuträfe. "Das eigentliche Problem sind die Mieterhöhungen bei Neuvermietungen." Diese würden durch die Decke schießen. Und die Grünen-Abgeordnete Daniela Wagner bemängelte, dass die Novelle keine Anwtorten auf drängende Fragen wie fehlenden Wohnraum für Studenten gebe.

Wie sieht denn die Lage auf dem Wohnungsmarkt insgesamt aus?

Laut dem Immobilienbericht 2012 der Bundesregierung beträgt der durchschnittliche Anteil der Mietkosten an der Bruttomiete mit Nebenkosten rund 27 Prozent. Die Nachfrage bei Neu- und Wiedervermietungen ist demnach deutschlandweit um 2,9 Prozent gestiegen. Laut Mieterbund fehlen in Deutschland 250.000 Wohnungen. Der Präsident des Bundes, Franz-Georg Rips, hatte daher davor gewarnt, dass sich diese Entwicklung zum sozialen Sprengstoff entwickeln könne. Er sagt: "Wir steuern geradewegs auf eine echte Wohnungsnot zu."

mit Agenturmaterial

(das)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort