Umfrage Was ist für Sie typisch deutsch?
Marie-Zoe Buchholz (25), Studentin und Tänzerin, geboren in Düsseldorf, hat Wurzeln in Benin:
"Ganz spontan fällt mir zu „typisch deutsch“ Verantwortungsbewusstsein und Verbindlichkeit ein. Das gefällt mir an Deutschland. Und genauso, dass es ein sicheres Land ist mit einem guten Sozialsystem. Manchmal könnten die Deutschen aber etwas entspannter sein und offener. Ich persönlich bin ein wenig zu sicherheitsorientiert, das versuche ich mir gerade abzugewöhnen. Gut finde ich aber, dass ich gut strukturiert bin – das ist auch typisch deutsch."
Cristina Segovia-Buendía (30), freie Journalistin, geboren in Remscheid-Lennep, spanische Wurzeln:
"Beim ersten Sonnenstrahl mit kurzer Hose, Sandalen und T-Shirt aus dem Haus zu gehen, ist für mich typisch deutsch. Egal, ob es warm ist oder nicht. Und sie pflegen leidenschaftlich ihren Kleingarten. Besonders schätze ich die Zuverlässigkeit, ich kann mich darauf verlassen, dass der Klempner pünktlich kommt. Die übertriebene Korrektheit und Diplomatie vieler Deutscher dagegen, vor allem wenn es um Ausländer geht, nervt mich. Es führt zu Missverständnissen und wirkt steif. Lange Zeit dachte ich, an mir ist nichts deutsch. Inzwischen lege ich sehr viel Wert auf Ordnung, meine spanische Gelassenheit stellt sich immer erst nach einigen Tagen im Heimatland meiner Eltern wieder ein."
Kate Hildebrandt (38), Geigenlehrerin, geboren in Armidale/Australien, seit 2001 in Deutschland, lebt in Wesel:
"Typisch deutsch sind für mich Socken mit Schlappen. Das gibt es bei uns in Australien nicht, da laufen die Menschen barfuß in Schlappen und Sandalen. Das ist schon komisch (lacht). Gut finde ich, dass in Deutschland die Autofahrer Radfahrer respektieren. Und hier gibt es auch viel mehr Radwege als in meiner Heimat. Meine Schwester sagt, ich sei viel ordentlicher geworden, seit ich in Deutschland lebe. Ich selbst finde auch, dass ich mich in diesem Punkt geändert habe. Früher war ich, was die Ordnung betrifft, entspannter, heute eher gestresst."
Delia Hornfeck (36), Integrations- und Grundschullehrerin, geboren in Temeswar/Rumänien, lebt seit 2003 in Viersen-Dülken:
"Die Menschen hier übernehmen Verantwortung, sie sind pflichtbewusst und hilfsbereit, manchmal aber ein bisschen zu pessimistisch. Es kommt mir so vor, als würden sie ständig nach dem „Haar in der Suppe“ suchen. Ich mag die deutsche Sprache, die Freiheit und die deutsche Nationalmannschaft. Das Wetter könnte besser sein. Bei mir stelle ich über die Jahre gesehen fest, dass ich mich mittlerweile mehr als Deutsche denn als Rumänin fühle. Liegt aber sicher auch daran, dass ich seit elf Jahren mit einem Deutschen verheiratet bin."
Jannis Vatalis (47), Geschäftsführer eines Sprachinstituts, geboren in Düsseldorf, griechische Wurzeln:
"Ich habe beruflich mit ausländischen Studierenden zu tun und weiß, dass sie deutsche Eigenschaften, wie Zuverlässigkeit, Fleiß, Genauigkeit und Organisation zu schätzen wissen. Diese Ansicht teile ich. Mir gefallen der höfliche Umgang miteinander und die Geselligkeit. Jeder kann im Grunde in Deutschland etwas erreichen und wird an den Taten gemessen. Auf der anderen Seite wäre eine Prise Flexibilität und Spontanität manchmal angebracht. Die Deutschen legen gerne jedes Wort auf die Waagschale. In meinen Fremdsprachen habe ich einen starken deutschen Akzent, den ich einfach nicht weg bekomme."
Maura Morales (40), Choreographin und Tänzerin, geboren in Camagüey/Kuba, lebt in Düsseldorf seit 2000:
"Typisch deutsch ist für mich der geringe Interpretationsspielraum beim Auslegen von Anweisungen und Regeln, wodurch einerseits stets für klare Verhältnisse gesorgt wird, was ich sehr mag. Andererseits können dabei zuweilen Spontaneität und Kreativität auf der Strecke bleiben."
Mijke Harmsen (34), Dramaturgin, geboren in Renkum/Niederlande, seit 2005 in Deutschland, lebt in Düsseldorf:
"Die Deutschen können sich sehr genau ausdrücken, sie sind gerne präzise bei dem, was sie sagen. Damit machen sie sich das Leben manchmal aber auch schwer. Ein bisschen habe ich mir diese Eigenschaften auch schon angewöhnt. Wenn ich in Holland bin und jemand über eine Vorstellung spricht, denke ich oft, das kann man doch präziser sagen. Und meine Kinder, die sind typisch deutsch an mir. Vor allem mein Sohn, der hier geboren wurde."
Leyla Özmal (50), Sozialwissenschaftlerin, geboren in Ankara/Türkei, seit 1974 in Deutschland, lebt in Duisburg:
"Da ich beruflich und persönlich in vielen Milieus und interkulturellen Zwischenwelten unterwegs bin, haben sich in meiner Wahrnehmung die Kategorien deutsch, türkisch, arabisch und so weiter. aufgelöst. Ich begegne vielen Menschen und insbesondere vielen jungen Menschen, die von allem etwas haben. Also, man findet Freiheitsräume zur individuellen Entwicklung. Das bietet unsere Gesellschaft und das finde ich gut. Andererseits ist auch klar, dass wir mehr Respekt und Toleranz im Zusammenleben brauchen. Das ist eine Aufgabenstellung, an der alle arbeiten müssen."
Akiko Okamoto (41), freiberufliche Kommunikatorin, geboren in Tokuyama/Japan, seit 1996 in Deutschland, lebt in Düsseldorf:
"Individualismus ist für mich deutsch. Eigentlich muss ich sogar sagen, das ist europäisch. In Japan zählt das Kollektiv, und Harmonie für die Gemeinschaft ist sehr wichtig. In Deutschland kann ich mich ungezwungen äußern, kann eine andere Meinung haben und mit meinen Freunden, heftig diskutieren, darum fühle ich mich in Deutschland sehr wohl."
Pawel Zalewski (54), Lehrer, geboren in Warschau/Polen, seit 1984 In Deutschland, lebt in Kleve:
"Typisch deutsche Eigenschaften auf den ersten Blick sind Genauigkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Das alles ist auch für mich wichtig. Der Hang zur Perfektion führt allerdings auch dazu, dass einige Deutsche oft zu wenig flexibel und spontan sind. Mir fehlt an vielen Deutschen Offenheit und Mut für Neues. Statt zu handeln, wird versucht, alles theoretisch durchzuorganisieren. Eine typisch deutsche Eigenschaft, die auch auf mich zutrifft, ist Zuverlässigkeit. Das galt aber auch schon, als ich noch in Polen lebte."
Barney Cruickshank (55), Informatiker, geboren in Toronto/Kanada, seit 1990 in Deutschland, lebt in Korschenbroich-Pesch:
"Die Deutschen sind sehr offene, lebendige, aktive Menschen, deren Familien, Freunde und Nachbarn ihnen sehr wichtig sind. Vor allem schätze ich, dass die Deutschen mich mit offenen Armen aufgenommen haben. Auf der anderen Seite sind sie in ihren Vorschriften oftmals überkorrekt. Ich fühle mich als ein Teil dieses Landes, ich spreche die Sprache, lebe und liebe die Kultur und das Brauchtum. Und ich habe die Ehre, Schützenkönig in Pesch sein zu dürfen."