Interview mit Barbara Hendricks (SPD) "Weg nach Paris ist steil und steinig"

Berlin · Die Umweltministerin spricht mit unserer Redaktion über schwache Beschlüsse der Klima-Konferenz. Sie wirft auch einen Ausblick auf die zentrale Verhandlung über eine Klimaabkommen in Paris im kommenden Jahr.

Barbara Hendricks - Die Umweltministerin im Porträt
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Foto: dpa, Kay Nietfeld

Die Umweltministerin spricht mit unserer Redaktion über schwache Beschlüsse der Klima-Konferenz. Sie wirft auch einen Ausblick auf die zentrale Verhandlung über eine Klimaabkommen in Paris im kommenden Jahr.

Frau Ministerin, welche Ergebnisse hätten Sie sich von der Klima-Konferenz, die in Lima stattfand, gewünscht?

Barbara Hendricks Das positive Ergebnis von Lima ist für mich: Es ist noch alles drin. Der gefundene Kompromiss eröffnet alle Möglichkeiten für ein ambitioniertes Klimaschutzabkommen nächstes Jahr in Paris. Aber natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir in Lima mit einigen Vorarbeiten schon weiter gekommen wären. Dann wäre der Weg nach Paris nicht ganz so steil und steinig. Fest steht: Wir müssen mehr Geschwindigkeit machen beim Klimaschutz!

Worin sehen Sie also den Durchbruch? An den sehr vagen Beschlüssen kann es ja nicht liegen.

Hendricks Die New York Times hat den Beschluss tatsächlich als Durchbruch im Kampf gegen den Klimawandel: gewertet Weil sich zum ersten Mal eben nicht nur die Industrieländer, sondern auch die Entwicklungsländer dazu bekannt haben, beim Klimaschutz mitzumachen. Die alte Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern ist beim Klimaschutz einfach nicht mehr zeitgemäß. Diese Brandmauer bricht jetzt langsam auf. Wer hätte noch vor ein paar Jahren gedacht, dass Entwicklungsländer wie Peru zu den Geberländern für den Grünen Klimafonds gehören? Und wer hätte zu hoffen gewagt, dass auch Schwellenländer eigene Klimaschutzbeiträge vorlegen wollen? Wir müssen jetzt hart daran arbeiten, dass wir diese positiven Entwicklungen zu einem echten Durchbruch in Paris ummünzen.

Wie soll ein Prinzip zu ehrgeizigen Emissionseinsparungen führen, bei dem jedes Land sich seine Klimaziele selbst stecken kann?

Hendricks Beim Klimaschutz geht es nicht mehr rein um die Verteilung von Belastungen. Das war vielleicht früher so. Heute wird Klimaschutz immer mehr als Modernisierungsprogramm für ganze Volkswirtschaften gesehen, da geht es um die Verteilung von Chancen. Keine Klimapolizei der Welt wird China dazu zwingen, seinen CO2-Ausstoß zu senken. Warum arbeitet China trotzdem daran? Weil Klimaschutz notwendig ist, um die Gesundheit der eigenen Bevölkerung zu schützen. Sie werden erleben, dass gerade Schwellenländer wie China intern mehr für den Klimaschutz tun werden als sie nach außen bereit sind, Verpflichtungen einzugehen.

Was bedeutet das für die entscheidende Konferenz im kommenden Jahr in Paris?

Hendricks Zentral ist, dass alle Staaten mitmachen. Es geht nicht länger an, dass sich wie beim Kyoto-Protokoll nur eine Minderheit von Staaten zum Klimaschutz zu verpflichten, die nur einen kleinen Teil der weltweiten Emissionen verursachen. Dann brauchen wir zum einen verbindliche Verfahren zur Überprüfung der Ziele, die dafür sorgen, dass die Staaten einander vertrauen. Zum anderen müssen wir einen Mechanismus vereinbaren, mit dem wir nach Paris regelmäßig das Ambitionsniveau steigern. Unsere langfristiges Ziel ist die grüne Null: Null Treibhausgasemissionen bis zum Ende des Jahrhunderts. Auf dem Weg dahin werden die Staaten merken, dass dieses Ziel nicht so unerreichbar ist, wie es jetzt scheint. Die erneuerbaren Energien werden immer besser und billiger und sind immer häufiger erste Wahl — und diese Entwicklung ist noch längst nicht am Ende.

Um in Deutschland die Klimaziele zu erreichen, bleiben gerade mal fünf Jahre. Doch die bisherigen Maßnahmen werden dafür kaum genügen. Welchen Turbo können Sie noch zünden?

Hendricks Der Turbo ist gerade im Kabinett beschlossen worden und heißt Aktionsprogramm Klimaschutz 2020. Das ist das ehrgeizigste Klimapaket, das je eine Bundesregierung beschlossen hat. 2015 wird das Jahr der Umsetzung. Es wird zum Beispiel die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung geben. Neben den günstigen KfW-Krediten können wir damit noch mehr Menschen zur Gebäudesanierung motivieren. Dazu kommen viele weitere Maßnahmen in allen Bereichen. Und auch jeder einzelne ist herzlich eingeladen, beim Klimaschutz mitzumachen.

Das Interview führte Jan Drebes

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