Hartz-IV-Schelte Westerwelle hat falsch gerechnet

Leipzig (RPO). Die von FDP-Parteichef Guido Westerwelle angestoßene Hartz-IV-Debatte beruht offenbar auf falschen Zahlen. Seine Argumentation zum Lohnabstandsgebot zwischen Hartz-IV-Beziehern und Geringverdienern gerät damit ins Wanken.

Pro&Contra: So spaltete Westerwelle Deutschland
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Foto: AP

Wie die "Leipziger Volkszeitung" am Sonntag vorab berichtete, stimmt Westerwelles damals angeführte These nicht, nach der eine berufstätige verheiratete Kellnerin mit zwei Kindern 109 Euro weniger zur Verfügung habe als eine vergleichbare Hartz-IV-Familie.

Der CDU-Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Ralf Brauksiepe, habe schriftlich eine Berechnungsanfrage der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Jutta Krellmann, beantwortet, berichtete die Zeitung. Demnach hat die berufstätige Kellnerin bei regulärer Inanspruchnahme von Wohngeld und Kinderzuschlag monatlich 456 Euro mehr zur Verfügung als ein vergleichbares erwerbsloses Paar.

Westerwelle hatte sich in seinem Gastbeitrag für "Welt Online" vom 11. Februar 2010 offenbar auf die Zahlen eines Artikels in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ("FAZ") verlassen, wie das "Bildblog" bereits damals berichtete. Die "FAZ" hatte dabei jedoch Zahlungen wie Wohngeld und Kinderzuschlag bei Geringverdienern unterschlagen. Der Bericht der "FAZ" beruhte auf irreführend interpretierten Daten des Karl-Bräuer-Instituts, das sich von dem Artikel distanzierte. Die FDP hatte damals unter anderem auf Anfrage von "Focus Online" behauptet, die Zahlen stammten vom Karl-Bräuer-Institut.

Krellmann sagte der "Leipziger Volkszeitung", Westerwelle habe "mit einer falschen Behauptung eine Hetzkampagne gegen Hartz-IV-Empfänger losgetreten". Der Vizekanzler habe "entweder bewusst gelogen oder er hat schlicht keinen blassen Schimmer von den Sachen, über die er redet". Westerwelle hatte in seinen kritischen Äußerungen zum Zustand der Sozialsysteme unter anderem fehlende Leistungsanreize bemängelt und von "spätrömischer Dekadenz" bei Hartz-IV-Beziehern gesprochen. Bei der Opposition, Gewerkschaften und Sozialverbänden sorgten die Aussagen für heftige Empörung.

(AFP/sdr)
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