"Ich verlasse das Deck nicht, wenn es stürmt" Westerwelle lehnt Rücktrittsforderungen ab

Berlin (RPO). FDP-Bundesvorsitzender Guido Westerwelle hat Rücktrittsforderungen aus den eigenen Reihen abgelehnt. "Ich verlasse das Deck nicht, wenn es stürmt. Ich arbeite daran, dass wir wieder auf Erfolgskurs kommen, und werde dabei von einem großartigen Team unterstützt", sagte Westerwelle in einem Interview. Generalsekretär Christian Lindner sieht die Parteispitze geschlossen hinter Westerwelle stehen. Unterdessen fordert die Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger ein Ende der Diskussion um den FDP-Chef.

Guido Westerwelle - FDP-Chef auf Abruf
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Der Außenminister ließ jedoch offen, ob er im Mai auf dem Bundesparteitag der Liberalen erneut als Vorsitzender kandidieren werde. "Personalfragen diskutieren wir zuerst in den Gremien und dann in der Öffentlichkeit. Aber ich muss nicht verschweigen, dass ich Freude an meiner politischen Arbeit für die einzige liberale Partei in Deutschland habe", so Westerwelle gegenüber der "Bild am Sonntag".

Westerwelle habe in den vergangenen Wochen nicht an Rücktritt gedacht, räumte jedoch Fehler ein. "Mit dem Wahlergebnis haben wir gewaltige Erwartungen geweckt. Da haben wir am Anfang nicht genug geliefert." Zugleich betonte er aber die Erfolge der Regierung: "Wir haben Deutschland erfolgreich durch eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise gesteuert. Die Wirtschaft wächst und die Arbeitslosigkeit sinkt. Das ist das Ergebnis der harten Arbeit der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der richtigen Rahmenbedingungen, die wir gesetzt haben."

Der FDP-Chef sehe mit Zuversicht auf die kommenden Urnengänge in mehreren Ländern. "Wenn wir uns mit den Problemen der Menschen beschäftigen und nicht mit uns selbst, bin ich sicher, dass wir die Landtagswahlen im Frühjahr erfolgreich bestehen werden." Dabei wollen die Liberalen "keine Umfragen gewinnen, sondern Wahlen".

Afghanistan-Abzug ist FDP-Erfolg

Westerwelle hat den für Ende 2011 angekündigten Beginn des Afghanistan-Abzugs der Bundeswehr als Erfolg seiner Partei gewertet. "Der Fahrplan steht und das ist auch ein Erfolg der FDP", sagte der Vizekanzler in dem Interview weiter. Im Jahre 2014 werde die Verantwortung für die Sicherheit vollständig an die afghanische Regierung übergehen. Danach soll es keine deutschen Kampftruppen mehr in Afghanistan geben.

Westerwelle beklagte den Tod der 45 deutschen Soldaten, die in Afghanistan ums Leben gekommen sind. Der Einsatz am Hindukusch diene jedoch auch der Sicherheit in Deutschland: "Wer sich die terroristische Bedrohung bei uns vor Augen führt, weiß, dass unsere Frauen und Männer in Afghanistan für unsere eigene deutsche Sicherheit kämpfen." Dennoch dürfe dieser Einsatz nicht endlos sein.

Kommende Landtagswahlen als Abstimmung zwischen Geisteshaltungen

In den Landtagswahlen im kommenden Jahr sieht der FDP-Chef eine Abstimmung über zwei unterschiedliche politische Geisteshaltungen. Der Vizekanzler macht als Hauptgegner der FDP das gesamte linke Lager aus: "Es geht nicht um eine Partei, sondern um einen Zeitgeist links von der Mitte. Es ist doch klar, dass SPD, Grüne und Linkspartei nur an die Macht kommen, wenn die FDP geschwächt wird."

Westerwelle will trotz der gesunkenen Umfragewerte am Kurs der seiner Partei festhalten. "Die zentrale politische Auseinandersetzung des kommenden Jahres verläuft zwischen dem Mut zur Zukunft und der Angst vor Fortschritt." Die FDP setze auf den Mut zur Zukunft. "Die Opposition handelt stattdessen nach dem Motto: Ob Sonne oder Regen, wir sind dagegen."

Westerwelle forderte die Deutschen zu mehr Eigeninitiative auf. Er erinnerte an den "Mut zur Zukunft" und den "Willen zum Anpacken" aus der Zeit des Wirtschaftswunders. Eine solche Haltung sei "heute so notwendig wie damals."

Schützenhilfe von Homburger und Lindner

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sieht Parteichef Guido Westerwelle nach heftiger Kritik aus den Landesverbänden vorerst wieder gestärkt. "Die gesamte Parteispitze hat sich hinter Guido Westerwelle gestellt", sagte Lindner der "Süddeutschen Zeitung". "Alle wissen, dass wir nur im Team wieder erfolgreich werden."

Der Generalsekretär verteidigte auch die Linie der FDP in der schwarz-gelben Koalition, für die Westerwelle als Parteichef und Vizekanzler entscheidende Verantwortung trägt und die teilweise für Unmut in den eigenen Reihen gesorgt hatte: "Die Ergebnisse nach einem Jahr sprechen für unseren Kurs", sagte Lindner.

Dagegen sei von den Kritikern "nicht ein einziger konstruktiver, umsetzbarer Vorschlag überliefert". Dies erinnere an Phasen der SPD, sagte Lindner. "Die FDP darf aber die Fehler der SPD nicht wiederholen, die ihre Vorsitzenden immer für verantwortliches Regierungshandeln bestraft hat", warnte Lindner.

Homburger: Personaldiskussiuonen sind kontraproduktiv

Die Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, hat ihre Parteikollegen aufgefordert, mit der Kritik an FDP-Chef Westerwelle aufzuhören. Im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" sagte sie: "Die Personaldiskussionen, die gerade geführt werden, sind kontraproduktiv. Sie schaden, auch im Hinblick auf die Landtagswahlen des kommenden Jahres. Sie müssen schleunigst beendet werden."

Die FDP habe mit Westerwelle "als Parteichef in den vergangenen Jahren viel erreicht", sagte Homburger. "Die Diskussionen rühren daher, dass wir als FDP ein schwieriges Jahr hinter uns haben und in den Umfragen nicht gut dastehen." Die FDP habe bei den sieben Landtagswahlen 2011 Jahr aber große Chancen, das Blatt zu wenden. "Ich bin überzeugt, dass wir bei den Landtagswahlen erfolgreich sein werden und in Baden-Württemberg ein gutes Ergebnis erzielen, sodass wir die fürs Land erfolgreiche schwarz-gelbe Koalition im Südwesten fortsetzen können."

Die Fraktionschefin erklärte: "Es ist nicht wahr, dass Guido Westerwelle im rheinland-pfälzischen Wahlkampf nicht eingeladen ist. Dortige Wahlkämpfer haben ihn angefragt. Im Wahlkampf in Baden-Württemberg ist Guido Westerwelle fest eingeplant. Es gibt keinen besseren Wahlkämpfer als Guido Westerwelle."

Auf die Frage, ob Westerwelle als Parteichef nicht maßgeblich Anteil daran habe, dass 2010 ein so schwieriges Jahr für die FDP war, antwortete Homburger: "Ich bin für Fairness im Umgang. All jene, die ihn jetzt kritisieren, sollten nicht vergessen, dass er maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die Bundestagswahl 2009 für die FDP die erfolgreichste Wahl in ihrer Geschichte war."

(apd/felt)
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