Wie Angela Merkel ihren 60. Geburtstag feierte Von Fußball, Politik und Tiefdruckgebieten

Berlin · Mit 1000 Gästen feiert die Bundeskanzlerin am Donnerstag ihren 60. Geburtstag in Berlin. Der Abend ist bewusst unpompös gehalten – typisch Angela Merkel. Wie vor zehn Jahren hat sie einen Wissenschaftler um den Vortrag gebeten.

Mit diesen Gästen feierte Angela Merkel ihren 60.
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Mit 1000 Gästen feiert die Bundeskanzlerin am Donnerstag ihren 60. Geburtstag in Berlin. Der Abend ist bewusst unpompös gehalten — typisch Angela Merkel. Wie vor zehn Jahren hat sie einen Wissenschaftler um den Vortrag gebeten.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber kokettiert mit der Bescheidenheit der Kanzlerin. Erst begrüßt er den Gastredner des Abends, den Konstanzer Historiker Jürgen Osterhammel. Dann verweist er darauf, aufmerksame Leser der Einladung hätten bemerkt, dass der zweite Grund für das Berliner Gespräch im Adenauer-Haus der 60. Geburtstag der Bundeskanzlerin sei.

Rund 1000 Gäste hat Angela Merkel zu ihrem Geburtstagsempfang geladen. Darunter findet sich vor allem Polit-Prominenz, allein mehr als die Hälfte des Bundeskabinetts. Auch den ehemaligen Koalitionspartner FDP hat Merkel mit Einladungen bedacht. Ex-Fraktionschef Rainer Brüderle sagt, es sei eine "nette Geste" der Kanzlerin, die Liberalen einzuladen — schließlich habe man vier Jahre miteinander regiert.

Prominente Glückwünsche für Angela Merkel
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Insgesamt sind mehr Vertreter der Liberalen als der Sozialdemokraten anwesend. Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) outet sich als "Empfangs-Muffel", sagt aber, an diesem Abend sei sie gespannt, wie sich der 60. Geburtstag der Kanzlerin und der Vortrag verbinden würden. Wer fehlt? Auf den Stühlen für die Ehrengäste findet sich der Name von CSU-Chef Horst Seehofer nicht.

Neun Jahre Kanzlerschaft

Die Kanzlerin hält ihre Feier bewusst unpompös. Der Historiker Osterhammel spricht unter der Überschrift "Vergangenheiten: Über die Zeithorizonte der Geschichte". Launig beschreibt er die Zufälligkeit der Politik. "Warum sollten politische Ereignisse leichter vorherzusagen sein als Fußballspiele oder Tiefdruckgebiete?", fragt er.

Er wendet sich dagegen, den Weltenlauf allein aus der westlichen Perspektive zu betrachten: "Wer weiter eurozentriert denken will, ist begründungspflichtig." Osterhammel ist Experte für europäische und asiatische Geschichte der neueren Zeit. Er geht auch auf das Tempo ein, in dem sich Geschichte ereignet, und kommt zu der lakonischen Erkenntnis: "Politik ist hektischer, aber nicht langfristig schneller geworden." Den Deutschen attestiert er ein aufgeklärtes und "postmythologisches" Geschichtsbild.

Merkel selbst sagt, ihr Mann und ihre Familie hätten dafür gesorgt, dass sie es nicht für das Wichtigste halte, was sie gerade mache. An die Adresse des an Leukämie erkrankten, abwesenden Ex-Außenministers Guido Westerwelle (FDP) sagt sie, es gelte zusammenzustehen — in guten wie in schlechten Zeiten.

Seit ihrem Fünfzigsten ist viel passiert. Dass sie nun, nach neun Jahren Kanzlerschaft, als mächtigste Frau der Welt feiert, als seien das keine herausragenden Jahre, ist wohl Teil ihres Erfolgs. Sie ist bescheiden, bodenständig, uneitel, aber neugierig geblieben. Da passt ein wissenschaftlicher Vortrag immer noch. Dass es trotz der bewusst bescheidenen Inszenierung ein besonderer Abend für sie ist, lässt sich an der Anwesenheit ihres Ehemanns Joachim Sauer ablesen. Der Chemieprofessor begleitet die Regierungschefin nur selten.

Fußballtrikot von den EU-Staats- und Regierungschefs

Kein runder Geburtstag ohne Anekdoten: Unionsfraktionschef Volker Kauder berichtet von einer seiner ersten Begegnungen mit Merkel. 2002 habe er als baden-württembergischer Generalsekretär die Aufgabe gehabt, ihr zu sagen, dass die Südwest-CDU nicht für Merkel als Kanzlerkandidatin sei. Ihre Antwort: "Schade!" Dass die beiden später doch noch ein Vertrauensverhältnis entwickeln konnten, schreibt er ihrem Pragmatismus zu. Und fragt: "Wer hätte gedacht, dass die männerdominierte CDU so etwas hervorbringt?"

SPD-Chef Sigmar Gabriel outet sich als Vorsitzender des Angela-Merkel-Fanclubs der Sozialdemokraten. Das sei er seit der ersten großen Koalition. Es sei eine große Freude, mit ihr zu regieren — zumindest zeitweise, sagt er. Gabriel attestiert Merkel Zuverlässigkeit, Klarheit, Bodenhaftung und Humor.

Die Kanzlerin hat in ihren Geburtstag hineingefeiert, allerdings nicht ganz freiwillig: Die 28 Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich am Abend nicht auf die Besetzung wichtiger Spitzenposten einigen können, so dass man um Mitternacht noch zusammensaß. Für die Kanzlerin hielten sie immerhin Blumen und ein Fußballtrikot im Stil der deutschen Nationalmannschaft mit ihren Unterschriften bereit.

Das Trikot trägt die Nummer 60.

(qua)
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