Krawalle in Großbritannien Wie britisch ist die Situation in deutschen Großstädten?

Berlin (RPO). Die Jugendkrawalle in Großbritannien erreichen die deutsche Innenpolitik. Während die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) am Mittwoch angesichts der Ausschreitungen in London und anderen englischen Großstädten mehr deutsche Ordnungshüter mit besserer Ausrüstung verlangte, erklärt Innensenator das Deutschland über eine hohe Polizeidichte verfüge. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und andere Innenpolitiker versciherten, in Deutschland gebe es solche Probleme wie in Großbritannien nicht.

Die vierte Nacht in Folge Ausschreitungen in England
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Die vierte Nacht in Folge Ausschreitungen in England

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Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sieht Berlin für den Fall von Ausschreitungen ähnlich wie in London gut gerüstet. "Wir hoffen, dass wir nicht in solch eine Situation kommen. Sollten jedoch in Berlin ähnliche Krawalle wie in englischen Städten auftreten, könnten wir in kürzester Zeit durch Unterstützung der Bereitschaftspolizeien der anderen Bundesländer und des Bundes eine hohe Polizeidichte erlangen", sagte Körting gegenüber unserer Redaktion.

Die Bundesrepublik verfüge über eine hohe Polizeidichte, so Körting, außerdem gelte das System der sich gegenseitig unterstützenden Bereitschaftspolizeien der Länder und des Bundes, so dass bei Vorfällen dieser Art in Deutschland in kurzer Zeit Unterstützung von anderen Bundesländern und der Bundespolizei bereitstünde.

Der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt hingegen sagte der "Bild"-Zeitung, in der Bundesrepublik gebe es eine ähnlich explosive Mischung wie in Großbritannien. "Die Ausschreitungen sind das Ergebnis von krimineller Energie, Verachtung gegenüber dem Staat und sozialer Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsschichten", sagte er.

Insbesondere in Großstädten wie Hamburg und Berlin könnten aus nichtigen Anlässen rasch Brennpunkte entstehen, die nur schwer in den Griff zu bekommen seien. Als Beispiel verwies er auf die Krawalle rund um den 1. Mai. Er forderte mehr Personal und bessere Technik, um soziale Netzwerke und andere Kommunikationsmittel von Randalierern besser überwachen zu können.

Innenminister sieht Deutschland im Glück

Friedrich sagte dagegen der "Neuen Osnabrücker Zeitung", er sehe keine Anzeichen für Jugendkrawalle in deutschen Großstädten. "Solche gesellschaftlichen Spannungen wie aktuell in England oder in anderen europäischen Ländern haben wir glücklicherweise derzeit nicht", sagte der Minister.

Die soziale Integration in Deutschland sei in den vergangenen Jahren sehr gut vorangekommen. In Deutschland herrsche Konsens darüber, dass Gewalt gegen unbeteiligte Personen kein Mittel sei, mit dem man seine Ansichten durchsetzen dürfe.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte, er halte eine Eskalation wie in Großbritannien hierzulande für eher unwahrscheinlich. "Wir haben eine bessere Absicherung für sozial Schwache und nicht so verarmte Stadtviertel wie Großbritannien", sagte Wiefelspütz der "Bild"-Zeitung. Dennoch dürfe man die Gefahr sozialer Unruhen nicht unterschätzen.

Land der scharfen sozialen Gegensätze

Der Direktor des kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, sagte der Hannoverschen "Neuen Presse": "England war schon immer ein Land der scharfen sozialen Gegensätze. Das hat sich durch Einwanderung, schlechte Sozial- und Bildungspolitik weiterentwickelt."

Der britischen Regierung falle zu den Jugendkrawallen jetzt nur die Parole "Härte. Härte. Härte" ein. "Damit wird sie die sozialen Probleme nicht in den Griff kriegen", sagte er.

(apd/ila)
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