Wirbel um US-Gesetz "Don't ask, don't tell" Wie die Bundeswehr mit Homosexualität umgeht

Washington/Berlin · "Don't ask, don't tell" - dieses Militärgesetz sorgt derzeit in den Vereinigten Staaten von Amerika für Wirbel. Danach dürfen sich Homosexuelle nicht zu ihrer Sexualität bekennen. Eine derart offene Diskriminierung gibt es bei der Bundeswehr zwar nicht, Probleme gibt es aber dennoch.

Waffen und Fahrzeuge der Bundeswehr in Afghanistan
Infos

Waffen und Fahrzeuge der Bundeswehr in Afghanistan

Infos
Foto: ddp

"Don't ask, don't tell, was so viel heißt wie "Frage nichts, sage nichts", hat in den Vereinigten Staaten unzähligen Soldaten den Job gekostet. Schätzungsweise waren es 13.000 Angehörige der Streitkräfte.

Was in Amerika also weiterhin als Tabu gilt, ist in der Bundeswehr rein formell nicht mehr gegeben. Im Jahr 2000 wurde die Diskriminierung Homosexueller durch die "Führungshilfe für Vorgesetzte: Umgang mit Sexualität" beendet. Darin heißt es, dass die Bundeswehr tolerant gegenüber anderen sexuellen Orientierungen sei.

Hinzu kam die Vorschrift "Umgang mit Sexualität in der Bundeswehr", die die Führungshilfe ergänzte. Zuletzt wurde diese im Jahr 2004 geändert. Grund dafür war, dass Homosexuelle eine Zeit lang als nicht geeignet für Führungspositionen galten. Dies hatte sogar das Bundesverwaltungsgericht einmal bestätigt.

Eigene Interessenvertretung

Doch auch das gehört nun offiziell der Vergangenheit an. Laut der Vorschrift ist die Intimsphäre als Teil des Persönlichkeitsrechtes der "Einflussnahme durch den Dienstherrn grundsätzlich entzogen". "Daher ist der Umgang eines Soldaten mit seiner Sexualität dienstrechtlich nur von Bedeutung, wenn er die dienstliche Zusammenarbeit erschwert (...). Die sexuelle Orientierung als solche, ob hetero- oder homosexuell, ist unbeachtlich", heißt es weiter.

Damit der Diskriminierung nicht nur gesetzlich vorgebeugt wird, wurde im Jahr 2003 zudem der bundesweite Arbeitskreis Homosexueller Angehöriger der Bundeswehr (AHsAB) gegründet. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, etwa Beratungsstellung für Homosexuelle in der Bundeswehr einzurichten und als Interessenvertretung von Schwulen und Lesben zu agieren. Auch gibt es eine Beratungshotline, an die sich Betroffene wenden können.

Zwar ist Deutschland bei den gesetzlichen Regelungen und auch den Hilfseinrichtungen wesentlich weiter als die USA, aber dennoch ist Homosexualität in der Bundeswehr nicht unbedingt selbstverständlich. Wie viele Homosexuelle es in der Armee gibt, ist nicht bekannt. Beschwerden über Diskriminierungen gibt es dennoch.

Keine konkreten Zahlen

Laut Peer Uhlmann, Pressesprecher der AHsAB, ist rechtlich alles wasserdicht. Doch in der Realität sei die tatsächliche Toleranz von Truppengattung zu Truppengattung unterschiedlich. So sei es zum Beispiel nach den Erfahrungen des Vereins bei Truppen wie den Fallschirm- oder Gebirgsjägern viel schwierige sich zu outen, als etwa bei der Führungsunterstützung.

Wie viele Homosexuelle es in der Bundeswehr gibt, kann auch Uhlmann nicht sagen. "Wenn wir aber davon ausgehen, dass die Bundeswehr ein Spiegel der Gesellschaft ist, müssten es zwischen 6500 und 12.500 sein", sagt er. Uhlmann geht dabei davon aus, dass es in Deutschland zwischen fünf und zehn Prozent Homosexuelle gibt. Diese Prozentzahl rechnet er auf die rund 250.000 Soldaten um.Der Verein selbst habe aber nur knapp unter 100 Mitglieder.

Melden würden sich bei dem Verein dennoch sehr wenige. "Wir haben die Vermutung, dass viele sich einfach nicht trauen, anzurufen, vielleicht aus Angst, das Telefonat könnte doch nicht anonym behandelt werden." Und wenn sich Betroffene meldeten, dann suchten sie vor allem Gleichgesinnte, mit denen sie sich über ihre Erfahrungen austauschen könnten.

Diskriminierung laut Wehrbeauftragtem

Diskriminierungen hat auch der damalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe, in seinem Jahresbericht 2009 festgestellt. Darin heißt es, dass Robbe einige Eingaben erreichten, in denen die Diskriminierung von wegen ihrer sexuellen Orientierungen eine Rolle spielten. "Auch wenn nach nunmehr geltender Rechtslage jede Benachteiligung von homosexuellen Soldatinnen und Soldaten untersagt ist, kann eine faktische Benachteiligung nicht absolut ausgeschlossen werden", so Robbe in dem Bericht.

Um dem zu begegnen, wünscht sich der AHsAB, dass die Bundeswehr offener mit der Thematik umgehe. "Wir wollen aber keine Sonderbehandlung", so Uhlmann. Vielmehr wünsche er sich Plattformen für alle Minderheiten, wo man sich austauschen und einbringen könne.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort