Finanzminister Schäuble hinterlässt eine hohe Hypothek

Meinung · Die Steuereinnahmen sind gestiegen, die Neuverschuldung liegt bei Null – Wolfgang Schäuble war in den vergangenen Jahren meist ein glücklicher Finanzminister. Aber er hinterlässt eine hohe Hypothek.

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Foto: dpa/Gregor Fischer

Die Steuereinnahmen sind gestiegen, die Neuverschuldung liegt bei Null — Wolfgang Schäuble war in den vergangenen Jahren meist ein glücklicher Finanzminister. Aber er hinterlässt eine hohe Hypothek.

Seit Deutschland die Finanzkrise 2009/2010 überwunden hatte, ging es dem Land gut. Gute jährliche Wachstumsraten und eine stetig steigende Beschäftigung haben die Steuereinnahmen erheblich steigen lassen, zugleich profitierten die Kreditnehmer von äußerst günstigen Zinsen. Diese Mischung aus anhaltend guten Bedingungen hat Vieles gleichzeitig möglich gemacht: Finanzminister Schäuble konnte die Neuverschuldung des Bundes erstmals im Jahr 2014 auf Null drücken und seitdem dort stabilisieren. Gleichzeitig konnte der Bund seine Investitionen in dieser Legislaturperiode um ein Viertel steigern, die Bürger steuerlich etwas entlasten — und auch noch die Mehrausgaben für die Flüchtlingsversorgung von jährlich 20 Milliarden Euro schultern.

Schäuble war also ein glücklicher Finanzminister. In der nächsten Wahlperiode, das ist heute schon sichtbar, wird die Lage aber viel schwieriger werden. Denn die Zinsen werden auf jeden Fall wieder steigen. Die Konjunkturrisiken nehmen zudem vor allem wegen der Unsicherheit über die US-Politik zu. Schäuble warnt daher zu Recht davor, die Handlungsmöglichkeiten in der nächsten Wahlperiode zu überschätzen: Wer etwa die Sozialleistungen weiter ausweiten will, wird Steuern erhöhen oder Ausgaben kürzen müssen. Auch wer wie die Wirtschaftspolitiker der Union die Steuern um 30 Milliarden Euro pro Jahr und damit um doppelt so viel wie Schäuble senken will, wird Ausgaben streichen müssen.

Eine neue Regierung könnte auch die Nullverschuldung aufgeben. Das wäre nach den Regeln des EU-Stabilitätspakts streng genommen aber erst dann möglich, wenn Deutschland zuvor seine Schuldenquote von zurzeit knapp 70 auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt hat. Nach Schäubles Planung wird das erst 2020 der Fall sein. Würde die neue Bundesregierung sich nicht daran halten und die schwarze Null bereits 2018 oder 2019 aufgeben, bräche sie ähnlich wie Gerhard Schröder im Jahr 2003 die Regeln des EU-Pakts. Der Maastricht-Vertrag wäre dann wohl endgültig erledigt und Geschichte.

Schäuble hätte angesichts der glänzenden Bedingungen in seiner Amtszeit allerdings auch mehr dazu beitragen können, dass die Zukunft einfacher wird: Er hat den Haushalt nämlich nicht konsolidiert, obwohl das möglich gewesen wäre. Kürzungen unproduktiver Ausgaben gab es unter Schäuble nicht, geschweige denn Subventionsabbau. Statt dessen wurden viele neue Rechtsansprüche auf viele neue Sozialleistungen geschaffen — vor allem im Renten- und Gesundheitssystem.

Allerdings hat nicht nur die SPD mit der Rente mit 63, sondern auch die Union mit der Mütterrente und mit ihrem äußerst spendablen Gesundheitsminister dazu beigetragen, dass die Zuschüsse des Bundes zur Renten- und Krankenversicherung nun schneller steigen werden. Schäuble und diese Koalition hinterlassen eine hohe Hypothek.

(mar)
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