Kanada soll Vorbild sein SPD will Punktesystem für Einwanderer

Berlin · Während immer mehr Menschen illegal nach Deutschland einreisen, will die SPD mit einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild Hunderttausende qualifizierte Einwanderer nach Deutschland locken.

 Thomas Oppermann wünscht sich für Deutschland ein Zuwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild.

Thomas Oppermann wünscht sich für Deutschland ein Zuwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild.

Foto: dpa

Das sieht ein Positionspapier für ein Einwanderungsgesetz vor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Mit einem solchen System gewinnt beispielsweise Kanada jedes Jahr rund 250.000 qualifizierte Einwanderer", heißt es in dem Papier, das Fraktionschef Thomas Oppermann am Dienstagmittag in Berlin vorstellen will. Jedes Jahr solle eine Quote festgelegt werden, wie viele Zuwanderer für welche Branchen man braucht.

Bewerber bekämen gemäß Bedarf, Sprachkenntnissen und Ausbildung eine Punktzahl. Aufenthaltsgenehmigungen würden zunächst auf drei Jahre befristet - diese würden entfristet, wenn der Bewerber nachweist, dass er seinen Lebensunterhalt sichern kann. Die deutsche Wirtschaft sieht neue Einwanderungsregeln als Vehikel gegen einen drohenden großen Fachkräftemangel. Nach Vorlage des Positionspapiers will Oppermann mit der Union in eine offene Debatte eintreten - doch Generalsekretär Peter Tauber (CDU) hat bereits im Vorfeld Zweifel an den SPD-Plänen angemeldet.

Die SPD betont, das Punktesystem könnte als Pilotprojekt zunächst befristet werden. "Anschließend würde über eine Verlängerung entschieden." Vor allem sollen auch IT-Spezialisten kommen. Aufgrund der demografischen Entwicklung verliere Deutschland bis 2025 bis zu 6,7 Millionen Erwerbsfähige, warnt die Partei.

"Je nach Bedarf kann zur Steuerung eine jährliche Quote festgelegt werden, wie viele Personen über das Punktesystem kommen können." Das System könne mit einer Bewerberdatenbank kombiniert werden, in die Arbeitgeber Gesuche einstellen.

Um auszuschließen, dass Arbeitgeber Dumpinglöhne zahlen, müsse ein Arbeitsvertrag vorliegen, "der mindestens tarifliches Lohnniveau garantiert", heißt es im Papier. "Wir müssen unser leider nach wie vor noch präsentes Image im Ausland als Nicht-Einwanderungsland loswerden und deutlich machen, dass wir nicht fragen, woher jemand kommt, sondern was jemand kann", so die SPD.

Regeln und Gesetze bündeln

Es gebe über 50 Aufenthaltstitel. Einwanderungsregeln seien über mehrere Gesetze verstreut. Deshalb sollen die diversen Einwanderungsvorschriften in einem Gesetz gebündelt werden.

Deutschland sei laut OECD zwar derzeit schon das zweitbeliebteste Einwanderungsland weltweit. 2013 habe es die höchste Einwanderung und mit 429.000 Personen den höchsten Wanderungsgewinn seit über 20 Jahren gegeben. Die größte Gruppe komme dabei aus süd- und osteuropäischen Ländern. Die Freizügigkeit für Arbeitnehmer in der EU sei für Deutschland ein großer Glücksfall, die Einwanderer seien überwiegend gut ausgebildet. Wenn sich die europäischen Nachbarn wirtschaftlich erholen, könnten sie aber zurückkehren.

Daher brauche es mehr Zuwanderung aus den Staaten außerhalb der EU. Wichtig sei als weiterer Baustein die bessere und schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Derzeit arbeiteten 300.000 bis 500.000 Einwanderer unterhalb ihrer Qualifikation. Im Ausland solle die Zahl deutscher Schulen erhöht werden, ebenso die Zahl ausländischer Studenten an deutschen Unis. Ferner müsse geprüft werden, ob Flüchtlinge einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen könnten - wichtig seien auch viel mehr Sprachkurse.

Mehr illegale Einreisen

Derweil nimmt die Zahl der illegalen Einreisen nach Deutschland zu - vor allem aus Krisenstaaten. Die Bundespolizei machte im vergangenen Jahr allein im Grenzgebiet rund 2,3 Millionen Kontrollen, um solche Verstöße zu verhindern. Dabei stellten die Beamten mehr als 30.000 unerlaubte Einreisen fest, 2013 waren es noch rund 17.000 gewesen. Das geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Insgesamt - also im kompletten Bundesgebiet - zählte die Bundespolizei 2014 mehr als 57.000 illegal Eingereiste, etwa 75 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die meisten davon kamen aus den Krisenländern Syrien (14.029), Eritrea (7945) und Afghanistan (3756).

Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke kritisierte die Kontrollpraxis der Bundespolizei scharf. Diese führe zu einer Kriminalisierung von Flüchtlingen, die im Regelfall schutzbedürftig seien. "Diese Menschen haben gar keine andere Möglichkeit, als unerlaubt nach Deutschland einzureisen", mahnte sie. Asylsuchende aus Ländern wie Syrien und Eritrea würden dabei fast immer als schutzbedürftig anerkannt.

Jelpke wertete das Vorgehen außerdem als unverhältnismäßig. "Millionenfach werden Menschen in der Nähe deutscher Grenzen kontrolliert, vor allem, um unerlaubt einreisende Flüchtlinge festzusetzen." Auch die EU-Kommission sei der Auffassung, dass die Rechtsgrundlage für all diese Kontrollen gegen EU-Recht verstoße, und habe bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Zu Details dieses Verfahrens verweigere die Regierung jedoch die Auskunft, rügte die Linke-Politikerin. "Das ist inakzeptabel."

Das Innenressort räumte in der Antwort an die Linksfraktion ein, die EU-Kommission habe ein solches Verfahren gestartet "und dabei auch Intensität und Häufigkeit der Kontrollen thematisiert". Einzelheiten nannte das Ministerium aber nicht.

(dpa)
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