Berlin Die Anti-Schulz-Kampagne der CDU verschärft den Parteienstreit

Berlin · Der Ton in der Auseinandersetzung zwischen Union und SPD wird nach den Umfrageerfolgen des SPD-Spitzenkandidaten rauer.

Der Union scheint der Höhenflug des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz gehörig in die Knochen gefahren zu sein. In einer konzertierten Aktion warfen führende Unionspolitiker dem neuen Hoffnungsträger populistische Parolen, mangelnde Glaubwürdigkeit und die Verteilung von lukrativen Posten in der EU-Verwaltung an frühere Mitarbeiter vor. Am härtesten ging Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor. Er verglich im Interview mit dem "Spiegel" den SPD-Kandidaten mit US-Präsident Donald Trump. Zudem warf er dem Sozialdemokraten "Dampfplauderei" vor.

Sein Parteifreund und Unionsfraktionschef Volker Kauder meinte in der "Passauer Neuen Presse" zu Schulz' Tätigkeit als Präsident des Europaparlaments: "Das war nicht immer alles sehr überzeugend, um es einmal zurückhaltend auszudrücken." Wenn Schulz die mangelnde Gerechtigkeit in Deutschland beklage, so Kauder, sollte die SPD Missstände wie die Millionenabfindung für das Partei- und VW-Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt beenden.

Für großen Unmut bei der SPD sorgte auch ein neunseitiges Dossier der Unionsabgeordneten des Europaparlaments. Dort ist von fünf Schulz-Vertrauten die Rede, die der Präsident der europäischen Volksvertretung zu Direktoren oder Generaldirektoren in der Parlamentsverwaltung befördert hätte.

Laut "Spiegel" hat vor allem sein Pressemann Markus Engels dubiose Gehaltszuschläge und Reisekostenerstattungen erhalten. So wäre der Presseattaché des EU-Parlaments seit 2012 überwiegend in Berlin tätig gewesen. Weil als sein Dienstort aber Brüssel angegeben wurde, hätte er zum Grundgehalt von 5200 Euro monatlich noch einen steuerfreien Auslandszuschlag von 840 Euro erhalten. Zugleich hätte er seinen Aufenthalt in Berlin als Dienstreise abgerechnet, was ihm laut "Spiegel" monatlich 2200 Euro zusätzlich eingebracht hätte.

Das Dossier der EU-Unionsparlamentarier warf Schulz vor, nie genau zwischen seinem Amt als Parlamentspräsident und seiner parteipolitisch motivierten Kandidatur zum EU-Kommissionspräsident unterschieden zu haben. So hätte er das Twitter-Profil des EU-Parlamentspräsidenten zu seinem persönlichen Nachrichtenkanal gemacht.

Die SPD ließ diese Vorwürfe nicht auf sich sitzen. Generalsekretärin Katarina Barley warf der Union vor, eine Schmutzkampagne zu starten. Dagegen verwahrte sich der Chef der Europaparlamentarier der Union, Herbert Reul. Er bestätigte das Dossier und meinte dazu: "Ich habe selbst als Abgeordneter erlebt, wie Herr Schulz sein Amt ausgenutzt hat." SPD-Generalsekretärin Barley hält die Angriffe Reuls und seiner Abgeordneten für Verleumdung: "Die CDU kann nur zwei Dinge: aussitzen und andere beschimpfen", sagte sie der "Bild am Sonntag". SPD-Vize Ralf Stegner vergleicht die Unions-Attacken schon mit der Barschel-Affäre, als der frühere Kieler CDU-Ministerpräsident angeblich dubiose Angriffe auf die SPD startete. Die verstrickte sich später auch in ein Geflecht von Unwahrheiten und Falschaussagen, was den früheren SPD-Chef Björn Engholm den Vorsitz kostete.

(kes)
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