Seeon Die CSU will die SPD erst einhegen und dann umarmen

Seeon · Weniger Geld für Asylbewerber, Altersprüfung für junge Flüchtlinge - die Christsozialen schärfen ihr Profil für die Sondierungsgespräche.

 Alexander Dobrindt (Archivbild).

Alexander Dobrindt (Archivbild).

Foto: dpa

Die ersten beiden Inszenierungen haben schon mal nicht geklappt: Warum die FDP das aus CSU-Sicht wunderbar gelungene Jamaika-Verhandlungsergebnis platzen ließ, hat CSU-Chef Horst Seehofer bis heute nicht verstanden. Und die eigentlich geplante prachtvolle Schneekulisse rund um den Klausurort der Landesgruppe am Chiemsee ist im Dauerregen auch nur schäbig zu nennen.

Umso mehr beschwören Seehofer und sein neuer Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zum Auftakt der Klausur in Kloster Seeon die Chancen einer neuen Koalition zwischen Union und SPD. Das Wort "groß" kommt beiden in diesem Zusammenhang nicht über die Lippen, im Gegenteil: Seehofer betont, dass alle drei Parteien ihr jeweils schlechtestes Ergebnis seit 1949 eingefahren haben und unbedingt das Signal eines "Zukunftsprojektes" aussenden müssten. Ein deutliches Nein zum "Weiter so".

Doch der allererste Appell Dobrindts an die Adresse der potenziellen Koalitionspartner von der SPD setzt ausgerechnet darauf, den ausgesetzten Familiennachzug für Flüchtlinge ohne dauerhafte Bleibeperspektive so weiterlaufen zu lassen. Sechs Positionspapiere zur Klausur setzen auf Distanz zur SPD: Weniger Geld für Asylbewerber, Altersprüfung für junge Flüchtlinge, viel mehr Geld für die Verteidigung - dazu haben führende Sozialdemokraten schon entschieden den Kopf geschüttelt. Und zum ausgebremsten Familiennachzug sowieso.

Aber Seehofer beschwichtigt zum Auftakt der Klausur: Es habe nicht nur offizielle Vorgespräche, sondern auch viele bilaterale Kontakte im Vorfeld gegeben. Und da sei klargeworden, dass die von Dobrindts Landesgruppe "verdichteten" Positionen der CSU von der anderen Seite richtig eingeordnet würden. Das Regierungsprojekt könne gelingen, jedenfalls werde er "alles tun, damit diese Koalition zustandekommt", versichert der CSU-Chef.

Dobrindt nimmt derweil eine andere Rolle ein: Er versucht die SPD einzuhegen. Mit Sozialdemokraten wolle er regieren, wenn diese "Modernisierung, Sicherheit und Wachstum buchstabieren" könnten, nicht aber mit Ideen aus der "sozialistischen Mottenkiste". Dazu hat er ein Papier verfasst, in dem er der 68er-Bewegung nach 50 Jahren den Kampf ansagt und zu einer "bürgerlich-konservativen Wende" in Deutschland aufruft. Die Zeiten des "sozialdemokratischen Etatismus und grünen Verbotismus" seien vorbei. Bürgerlich-konservative Mehrheiten sieht er nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern Europas.

Diese Mehrheiten will Dobrindt für die stets in Bayern nach absoluten Mehrheiten strebende CSU nun auch in Deutschland mobilisieren. Und diese hätten sich auch bei der jüngsten Bundestagswahl schon gezeigt. Damit betritt Dobrindt sumpfiges Gelände. Denn bei einem Abzug der von ihm attackierten Linken, Grünen und Sozialdemokraten bleibt als "Mehrheit" nur ein Zusammenzählen der Stimmen von CDU, CSU, FDP - und AfD.

Passenderweise gehört Ungarns rechtspopulistischer Regierungschef Viktor Orbán zu den Stargästen der ersten CSU-Klausur unter Dobrindts Leitung. Und auch den Brexit, den Ausstieg der Briten aus der EU, vereinnahmt die neue CSU-Landesgruppe für sich - als Warnung an SPD-Chef Martin Schulz und dessen Pläne einer noch intensiveren EU-Integration bis hin zu Vereinigten Staaten von Europa. Das seien genau die Pläne, die die Menschen aus der EU hinaustrieben, unterstreicht die CSU. Prompt ist der britische Wirtschaftsminister Greg Clark der erste ausländische Gast der Klausur.

(may-)
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