Jetzt auch offiziell: Alonso sagt allen ab und bleibt Trainer in Leverkusen
EILMELDUNG
Jetzt auch offiziell: Alonso sagt allen ab und bleibt Trainer in Leverkusen

Gastbeitrag von Viviane Reding Die Datenschutzreform muss Vorrang haben

Brüssel · Vizepräsidentin und EU-Justizkommissarin Viviane Reding und Jan Philipp Albrecht, Grüner Europaabgeordneter und Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments zur EU-Datenschutzverordnung beziehen in einem Gastbeitrag für RP ONLINE Stellung zum Datenschutz in der Europäischen Union.

 "Von einem starken Datenschutz profitieren alle": Viviane Reding.

"Von einem starken Datenschutz profitieren alle": Viviane Reding.

Foto: afp, THIERRY CHARLIER

Datenschutz ist ein Grundrecht in der Europäischen Union. Nirgendwo in der Welt ist das Datenschutzniveau so hoch wie in Europa. Mit der vor genau zwei Jahren — im Januar 2012 — vorgeschlagenen Reform des EU-Datenschutzrechts hat Europa die Möglichkeit, diese Vorschriften zu einem weltweiten Goldstandard zu machen. Profitieren werden davon die Bürgerinnen und Bürger, die Online-Diensten vertrauen können wollen, und kleine und mittlere Unternehmen, für die der EU-Binnenmarkt mit mehr als 500 Millionen Verbrauchern noch ungenutzte Geschäftsmöglichkeiten bietet.

Politiker, Unternehmer und Nichtregierungsorganisationen sind allesamt der Meinung, dass eine Reform des EU-Datenschutzrechts erforderlich ist. Dieser Konsens zeichnete sich schon früh ab. Er geht quer durch alle politischen Lager — ungeachtet nationaler oder wirtschaftlicher Interessen.

Wir sind uns auch darin einig, warum wir diese Reform brauchen: Jeder muss die Kontrolle über seine personenbezogenen Daten wiedererlangen, denn diese Daten sind die Währung der digitalen Wirtschaft. Wie jede andere Währung braucht auch diese Vertrauen, um stabil zu sein.

Das Vertrauen hat Schaden genommen

Die Enthüllungen der letzten Monate über die Datenausspähung haben nicht nur das Vertrauen in die transatlantischen Beziehungen, sondern auch das Vertrauen in die digitale Wirtschaft erschüttert. Diesseits und jenseits des Atlantiks schrillten die Alarmglocken. Die Bürger wurden daran erinnert, welch große Bedeutung ein effektiver Datenschutz hat und warum ein solider rechtlicher Rahmen für den Schutz personenbezogener Daten kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit ist.

Besorgt sind aber nicht nur die Bürger. Die Enthüllungen haben auch Auswirkungen auf die Wirtschaft. Durch die Sammlung, Auswertung und Übertragung personenbezogener Daten entsteht ein enormes wirtschaftliches Potenzial: Im Jahr 2011 waren die Daten von EU-Bürgern, wie Studien zu entnehmen ist, 315 Mrd. EUR wert. Dieser Wert kann bis zum Jahr 2020 auf nahezu 1 Billion EUR jährlich ansteigen. Die Bürger werden ihre Daten aber nicht mehr herausgeben, wenn sie den Unternehmen, die diese Daten verarbeiten, nicht vertrauen. Vertrauensverlust bedeutet Einnahmeverlust. Infolge der Enthüllungen über die NSA wird der Verkauf von US-Technologie im Ausland — wie manche schätzen — bis zum Jahr 2016 um 180 Mrd. USD (d. h. in einer Größenordnung von 25 % der IT-Dienste) zurückgehen. Daher gilt es jetzt zu handeln.

Wiederherstellung des Vertrauens

Die Datenschutzreform bietet eine Antwort auf die Sorgen von Bürgern und Unternehmen. Sie wird helfen, das Vertrauen wiederherzustellen. Um das zu erreichen, sollten Unternehmen sich an Datenschutzvorschriften halten. Die Reform wird dafür sorgen, dass in Zukunft auch Unternehmen aus Drittstaaten, die in unserem Binnenmarkt tätig sind, das EU-Datenschutzrecht beachten müssen. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle also. Bei Verstoß gegen das europäische Datenschutzrecht würden dann harte Sanktionen fällig, die bis zu 2 % des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens ausmachen könnten, oder sogar bis zu 5 Prozent, laut Vorschlag des Europaparlaments.

Das ist heute jedoch noch nicht der Fall. Die nationalen Behörden klopfen Unternehmen mitunter auf die Finger, aber so leicht, dass multinationale Technologieriesen dies kaum spüren oder sich veranlasst sehen, ihre Strategie zu ändern. Und nicht zuletzt wird Rechtssicherheit für den Datentransfer geschaffen: Wenn Behörden von Drittstaaten außerhalb ihres Hoheitsgebiets auf Daten von EU-Bürgern zugreifen wollen, müssen sie dies auf einer Rechtsgrundlage tun, die eine gerichtliche Kontrolle beinhaltet. Sich direkt an die Unternehmen zu wenden, darf nicht die Regel sein.

Durch die Datenschutzreform erhalten die Unionsbürger die Rechte, die ihnen zustehen. Sie wollen sicher sein, dass sie mit der Herausgabe ihrer personenbezogenen Daten nicht auf ihre Rechte verzichten. Deshalb möchten wir, dass die Bürger die Kontrolle über ihre Daten erhalten. Erprobte und bewährte Prinzipien vom Recht auf Löschung der Daten bis hin zum Recht auf Vergessenwerden werden gestärkt, neue Prinzipien wie das Recht auf Datenübertragbarkeit und das Recht auf Information über Datenschutzverstöße eingeführt. Diese Maßnahmen werden helfen, das Vertrauen in den Umgang mit den Daten der Unionsbürger wiederherzustellen.

Vollendung des digitalen Binnenmarkts

Von der Reform werden aber auch die Unternehmen profitieren. Denn Europas derzeitiger Rechtsrahmen ist nicht mehr zweckgemäß. Ein Unternehmen, das in allen 28 Mitgliedstaaten tätig ist, muss in jedem Land andere Rechtsvorschriften beachten. Es hat in jedem Land mit einer anderen Datenschutzbehörde zu tun: Es ist mit 28 verschiedenen Datenschutzrechten und mehr als 28 verschiedenen Stellen konfrontiert.

Diesen Dschungel gilt es zu lichten und durch ein einziges, in ganz Europa gültiges Recht zu ersetzen. Ein Kontinent, ein Recht. Europas hohe Datenschutzstandards zu stärken heißt auch neue Geschäftsaussichten schaffen. Die Öffentlichkeit reagiert zunehmend empfindlich auf Datenschutzprobleme, und daran wird sich angesichts des Einzugs der Digitaltechnik in unser Leben auch nichts ändern. Unternehmen, die höhere Datenschutzstandards bieten, werden die Nase vorn haben. Datenschutz wird zu einem Verkaufsargument und zu einem Wettbewerbsvorteil. Ausblick

Europas direkt gewählte Abgeordnete haben bereits ihre Unterstützung für die Vorschläge der Kommission zum Ausdruck gebracht. Die EU-Staats- und Regierungschefs haben auf dem Oktober-Gipfel zugesagt, die neuen Vorschriften rasch zu verabschieden, um so das Vertrauen der Bürger und Unternehmen in die digitale Wirtschaft wiederherzustellen und zu stärken. Diesen Worten müssen nun Taten folgen.

Jetzt, wo Griechenland den Ratsvorsitz in der EU übernommen hat und das Europäische Parlament in den nächsten Monaten über die Reform abstimmen wird, bietet sich die Gelegenheit dazu. Die Datenschutzreform muss für Europas Politiker in den nächsten sechs Monaten Vorrang haben.

Die Bürgerinnen und Bürger fordern ein starkes europäisches Datenschutzrecht, und die Unternehmen wollen einfache, klare und durchsetzbare Rechtsvorschriften für ihre Geschäfte im EU-Binnenmarkt. Mit der EU-Datenschutzreform wird beiden Forderungen entsprochen. Sie ist für Bürger und Unternehmen gleichermaßen von Vorteil. Eine Einigung ist in Sicht, daran sollten wir verstärkt arbeiten. Wir sind es unseren Bürgern und Unternehmen schuldig.

(csi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort