Hannover Die Linke formuliert ihr Wahlprogramm und will regieren

Hannover · Beim Parteitag in Hannover knüpfen sich die Hoffnungen an einen Politikwechsel, für den sich SPD und Grüne bewegen müssten.

Auf den letzten Metern quetschten sie auch noch den "Frieden" in das Wahlprogramm, das bis dahin eigentlich nur "Sozial. Gerecht. Für alle." heißen sollte. Und auch innerparteilich drehte die Linke bei ihrem Wahlprogrammparteitag alles auf friedlich. Hatten zum Auftakt am Freitagabend die Gegner einer Regierungsbeteiligung noch in aller Schärfe vom Leder gezogen, war die Partei am Sonntag sogar bereit, die am Samstag längst beschlossene Forderung nach einem Stopp aller staatlichen Zusammenarbeit mit den Kirchen wieder zurückzunehmen. Und so band zum Abschluss auch Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht die Grundstimmung in Bedingungen und den Satz: "Wenn wir dafür Partner haben, dann wollen wir auch regieren." Die Devise der Linken: SPD und Grüne vor sich hertreiben, bis sie sich in Richtung Politikwechsel bewegen.

Es war ein Parteitag, wie ihn wohl nur die Linke in solch krassen Stimmungsbrüchen hinbekommt. Auf die Tage verteilt mühten sich die als Redner gesetzten Parteichefs und Spitzenkandidaten sowie der Chef der Europa-Linken, Gregor Gysi, die Delegierten von den Sitzen zu reißen, sie in Kampfstimmung zu bringen, und jedes Mal ging es ohne Unterbrechung sogleich wieder in die Abarbeitung von 1300 Änderungsanträgen zum Vorstandsentwurf des Wahlprogramms. Wer gerade noch darum rang, wie scharf der Kapitalismus amerikanischer Prägung zu bekämpfen sei, sprang nach der nächsten Rede auf, bejubelte das Spitzenpersonal bei Rockmusik, blitzenden Scheinwerfern und reckte vorbereitete Hochglanzplakate in die Höhe, so als versuche sich die Linke auch in US-Wahlkampf.

Dabei kreisten die Reden stets um dieselben Themen. In ihrer Kanzlerschaft habe Angela Merkel die Armut in Deutschland verdoppelt, klagte Parteichefin Katja Kipping, ihr Ko-Vorsitzender Bernd Riexinger las aus dem Erfolg von Labour-Führer Jeremy Corbyn heraus, dass in Deutschland die Kanzlerin abgewählt werden könne. Zwölf Jahre Merkel seien genug, rief Spitzenkandidat Dietmar Bartsch. "Das ist unser Land, holen wir es uns zurück", lautete sein Appell, für den er den größten Applaus bekam. Demonstrativ klatschte Wagenknecht Bartsch am längsten zu.

Der von Bartsch angekündigte "Erfolgskurs" soll mit der Forderung nach einer Abschaffung der Hartz-IV-Gesetze gelingen. Auch wer angebotene Arbeit verweigert, soll künftig bedingungslos mindestens 1050 Euro im Monat haben, der Mindestlohn auf zwölf Euro steigen und jedes Millionärseinkommen mit 75 Prozent besteuert werden. Ohne Vermögensteuer wollen die Linken in keine Regierung eintreten und auch das Nein zu Kampfeinsätzen gehört zu den Bedingungen. Die gesetzlichen Kassen sollen alle umfassen, Privatversicherungen nur Zusatzleistungen anbieten dürfen.

(may-)
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